Neue Fortschritte in der Kohlenstoffionen-Therapie bei schwer behandelbaren großen Tumoren

Bahnbrechende Erkenntnisse zur Optimierung der Behandlung von ausgedehnten Sakralchordomen. Forschende des MedAustron Ionentherapiezentrums und der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften verbessern Methoden zur Energiedeposition im Tumorgewebe.

 

Krems (Austria), 11. Dezember, 2024 – Ein Wissenschaftsteam hat einen neuartigen Ansatz zur Verbesserung der Behandlung von großen Tumoren im Kreuzbeinbereich (Sakralchordomen) mittels Kohlenstoffionen-Therapie vorgestellt. Dieser Ansatz konzentriert sich auf die Optimierung des „dosisgemittelten linearen Energietransfers“ (LETd), eines entscheidenden Parameters in der Strahlentherapie, der die Therapieeffektivität bei schwierig behandelbaren Tumoren direkt beeinflusst. Die Resultate der Studie wurden aktuell in der Fachzeitschrift Medical Physics veröffentlicht und könnten die Behandlungsergebnisse für die von diesen aggressiven und resistenten Krebsarten Betroffenen erheblich verbessern.

 

Die Kohlenstoffionen-Therapie ist eine hochpräzise Krebsbehandlung, die die einzigartigen physikalischen und biologischen Eigenschaften der Ionen nutzt. Während sie bei kleineren Tumoren für gewöhnlich erfolgreich ist, nimmt ihre Wirksamkeit bei größeren Zielen aufgrund einer geringeren LETd-Verteilung ab und reduziert damit den Behandlungserfolg. Eine kürzlich durchgeführte Studie des MedAustron Ionentherapiezentrums und der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) verbessert diese Situation nun durch Einsatz innovativer Softwarefunktionen im Behandlungsplanungssystem (Treatment Planning System, TPS).

 

Bahnbrechende Erkenntnisse

„Durch die Optimierung der LETd-Verteilung konnten wir die biologische Wirksamkeit der Kohlenstoffionen-Therapie bei großen Tumoren deutlich verbessern, ohne die Sicherheit oder die Präzision zu vernachlässigen“, erklärt Studienleiter Prof. Markus Stock, Leiter des Fachbereichs für Medizinphysik unter besonderer Berücksichtigung der Partikeltherapie an der KL Krems sowie der Medizinischen Physik bei MedAustron.

 

Im Detail verglich das Forschungsteam konventionelle und LETd-optimierte Behandlungspläne für große Tumoren über 250 cm³. Die Ergebnisse zeigten, dass die LETd-Optimierung mehrere Vorteile hatte:

 

  1. Bis zu 34 % höherer LETd in den Tumoren: Die Konzentration hochenergetischer Ionenwechselwirkungen wurde dort erhöht, wo sie am meisten benötigt wurden.
  1. Schonung des umliegenden Gewebes: Lebenswichtige Organe und Gewebe wie Darm, Nerven und Rückenmark blieben unbeeinträchtigt.
  1. Minimale Auswirkungen auf die Behandlungszeit: Die Optimierung führte zu nur vernachlässigbaren Verzögerungen im Planungs- und Behandlungsprozess.

 

Durch den Einsatz modernster LETd-Optimierungstechniken, die in das fortschrittliche „RayStation-TPS“ für Strahlentherapie integriert sind, konnte das Team in Zusammenarbeit mit Prof. Piero Fossati, Direktor des Kohlenstoffionen-Therapieprogramms bei MedAustron und Professor für Radioonkologie an der KL Krems, eine robuste Dosisabdeckung sicherstellen und gleichzeitig maßgeschneiderte Hoch-LET-Zonen für resistente Tumorregionen entwickeln.

 

Bedeutung für die klinische Praxis

Dieser Fortschritt stellt einen möglichen Rettungsanker für Patientinnen und Patienten mit großen, bisher schwer behandelbaren Tumoren dar. „Ausgedehnte Chordome sind aufgrund ihrer Größe und Nähe zu empfindlichen Organen oft mit schlechteren klinischen Behandlungsergebnissen verbunden“, erklärt Dr. Mansure Schafasand, Erstautorin der Studie und Kollegin von Prof. Stock. „Unsere optimierte Planungsstrategie ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Überlebensraten und der Lebensqualität dieser Betroffenen.“

 

Das Wissenschaftsteam der KL Krems und des MedAustron unterstreicht mit dieser Studie die Bedeutung des dosisgemittelten linearen Energiertransfers als prädiktiven Faktor für den Behandlungserfolg. Die Resultate stützen zudem jüngste Forschungsergebnisse zu sogenannten „LET-Painting“-Strategien, wo die LET-Werte innerhalb des Tumors gezielt moduliert werden, um resistente Tumorregionen anzusprechen. Die Ergebnisse der aktuellen Arbeit ebnen den Weg für eine breitere Anwendung der Kohlenstoffionen-Therapie und könnten zur weiteren Forschung zu adaptiven und personalisierten Strahlentherapietechniken anregen. Sie betonen zudem die Bedeutung, die die KL Krems der klinisch relevanten Forschung beimisst, um zur Lebensqualität der Patientinnen und Patienten beizutragen.

 

Bilder auf Anfrage verfügbar

 

Originalpublikation: Dose averaged linear energy transfer optimization for large sacral chordomas in carbon ion therapy. M. Schafasand, A. F. Resch, A. Nachankar, J. Góra, G. Martino, E. Traneus, L. Glimelius, D. Georg, P. Fossati, A. Carlino & M. Stock, Med Phys. 2024;51:3950–3960. https://kris.kl.ac.at/en/publications/dose-averaged-linear-energy-transfer-optimization-for-large-sacra

 

Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (Stand 12/2024)

Die Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) ist eine europaweit anerkannte Bildungs- und Forschungseinrichtung am Campus Krems. Die KL Krems bietet eine moderne, bedarfsorientierte Aus- und Weiterbildung in der Medizin und Psychologie sowie ein PhD-Programm im Bereich Mental Health and Neuroscience an. Das flexible Bildungsangebot ist auf die Bedürfnisse der Studierenden, die Anforderungen des Arbeitsmarkts sowie auf die Herausforderungen der Wissenschaft abgestimmt. Die drei Universitätskliniken in Krems, St. Pölten und Tulln sowie das Ionentherapie- und Forschungszentrum MedAustron in Wiener Neustadt gewährleisten eine klinische Lehre und Forschung auf höchstem Qualitätsniveau. In der Forschung konzentriert sich die KL auf interdisziplinäre Felder mit hoher gesundheitspolitischer Relevanz – u.a. der Biomechanik, der molekularen Onkologie, der mentalen Gesundheit und den Neurowissenschaften sowie dem Thema Wasserqualität und den damit verbundenen gesundheitlichen Aspekten. Die KL wurde 2013 gegründet und von der Österreichischen Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ Austria) akkreditiert. https://www.kl.ac.at/

 

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