Netzausbau: Nicht den gleichen Fehler wie beim Euro machen

BNetzA auf dem EVU-Anwendertreffen: Prozesskostenanalyse kommt schneller

Bislang wurde der durch die Energiewende notwendig gewordene Ausbau der Netze hauptsächlich auf nationaler Ebene diskutiert. Genauso wichtig sei es jedoch, dabei auch den europäischen Kontext miteinzubeziehen, so Johannes Kindler von der Bird&Bird LLP und ehemaliger Vizepräsident der Bundesnetzagentur auf dem EVU-Anwendertreffen der Wilken GmbH und der Wilken Neutrasoft GmbH Mitte Juni in Berlin. Seiner Ansicht nach muss die Integration in die europäischen Verbundnetze aber überlegt angegangen werden. „Manche Nachbarn erwarten heute schon, dass wir uns dabei in ihren Ländern finanziell engagieren. Wir sollten jedoch nicht den gleichen Fehler wie beim Euro machen. Denn die Frage ist, ob wir bereit sind, uns tatsächlich zu 100 Prozent uneingeschränkt zusammenzuschalten und dabei zu riskieren, dass sich ein Blackout in Bulgarien bis zur Atlantikküste in Frankreich fortpflanzt“, warnte Kindler.

Prozesskostenanalyse kommt früher als gedacht
Bislang waren alle Marktteilnehmer davon ausgegangen, dass die Monopolrenditenbeschränkung für Netzbetreiber auf Basis von Prozesskostenanalysen erst in der nächsten Regulierungsrunde kommt. Um so größer war die Überraschung, als Alexander Lüdtke-Handjery, der Vorsitzende der Beschlusskammer 8 der Bundesnetzagentur in seinem Vortrag feststellte, dass die Prozesskostenanalyse schon früher zur Monopolrenditenbeschränkung bei den Netzbetreibern herangezogen werden könnte: „Für alle Netzbetreiber besteht das Erfordernis, sich mittelfristig auf die Prozesskostenerhebung vorzubereiten“, erklärte Lüdtke-Handjery auf dem Berliner Anwendertreffen der Wilken GmbH.

Zusätzliche Investitionen in die Verteilnetze
Was die zusätzlich durch die Energiewende notwendig werdenden Investitionen in den Verteilnetzen angeht, sieht die Bundesnetzagentur derzeit keinen Handlungsbedarf. Im Gegenteil: „Derzeit verzeichnen wir bei den Verteilnetzbetreibern eine Unterdeckung in diesem Bereich. Denn die in den Erlösobergrenzen enthaltenen Investitionsbudgets sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft worden. Insofern haben die Stadtwerke derzeit genügend Mittel, um auch zusätzliche Investitionen anzugehen“, so Alexander Lüdtke-Handjerys Feststellung. Ganz anders sah dies Stefan Söchtig, Mitglied der Geschäftsleitung der Wilken GmbH. Für ihn beweist die Bundesnetzagentur hier zu wenig Weitblick. „Ich glaube nicht, dass wir derzeit ein Regulierungssystem haben, mit dem wir die Energiewende schaffen können“, so Söchtigs Eindruck. Er plädierte deswegen dafür, dass die Stadtwerke selbst das Heft in die Hand nehmen sollten und sich mit dem Aufbau von regionalen Smart Grids und der Bündelung von regenerativen Erzeugern in Form virtueller Kraftwerke gegen die drohenden Versorgungsengpässe wappnen sollten. Zudem sei dies die Möglichkeit, neue Geschäftsfelder zu entwickeln, mit denen sich künftig viel Geld verdienen lasse.

Über die Wilken Unternehmensgruppe
Seit 1977 beschäftigt sich Wilken mit der Entwicklung und dem Vertrieb von ERP-Standard­Software. Mit mehr als 440 Mitarbeitern an vier Standorten in Deutschland und der Schweiz hat sich die Unternehmensgruppe als unabhängiger Hersteller, Anbieter und Integrator von Anwendungen für das Finanz- und Rechnungswesen, die Materialwirtschaft sowie die Unternehmenssteuerung etabliert. Zusätzlich werden Wilken Branchenlösungen in der Energie-, Versicherungs-, Sozial- und Tourismuswirtschaft eingesetzt. Vom Ulmer Stammsitz aus steuert die Wilken GmbH die Unternehmensgruppe und übernimmt zentrale Funktionen wie Software-Entwicklung, Produktmanagement sowie Marketing. Sie führt als „Holding“ die Tochterunternehmen Wilken AG (Freidorf, Schweiz), Wilken Neutrasoft GmbH (Greven, Energiewirtschaft), Wilken Entire AG (Ulm, Sozialwirtschaft), Wilken Rechenzentrum GmbH (Ulm, Rechenzentrums-Services) und Wilken Informationsmanagement GmbH (München, Dokumentenmanagement). Die Unternehmensgruppe erzielte 2011 einen Umsatz von über 47 Millionen Euro im Jahr.

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