Die Situation im deutschen Stromnetz wird auch im kommenden Winter wieder eng. „Es wird damit gerechnet, dass die Situation weiterhin angespannt bleibt“, schreibt die Bundesnetzagentur in einem 120-seitigen „Bericht zum Zustand der leitungsgebundenen Energieversorgung im Winter 2011/12“, aus dem die „Süddeutsche Zeitung“ (Samstagausgabe) zitiert. Dies betreffe vor allem die Übertragungsnetze von Tennet und 50Hertz.
Sie müssen besonders viel Windstrom aufnehmen. Deutlich entspannen werde sich die Lage erst, wenn einzelne Leitungen ausgebaut seien, etwa die so genannte „Windsammelschiene“ zwischen Hamburg und Schwerin. Der Bericht arbeitet im Wesentlichen die Ereignisse des vergangenen Winters auf. So schreiben die Experten über Engpässe in der zweiten Februarwoche: „Wäre es in dieser Situation zum Ausfall eines großen Kraftwerks gekommen, hätte kaum noch Handlungsspielraum zur Verfügung gestanden.“ Seinerzeit war im Norden besonders viel Strom ins Netz geflossen, im Süden Deutschlands aber der Bedarf besonders hoch gewesen. „Auch an dieser Stelle zeigt sich, dass ein beschleunigter Ausbau der Nord-Süd-Trassen vonnöten ist“, schreibt die Bonner Behörde. Spekulationen an der Strombörse, wie seinerzeit vermutet, lassen sich als Ursache für die Engpässe offenbar aber nicht belegen. Die Netzagentur spricht nur von „ungewöhnlich hohen Prognoseabweichungen“. Dadurch seien die Reserven vollends ausgeschöpft worden, sodass die großen Netzbetreiber gegensteuern mussten. Sie sind dafür verantwortlich, das Netz stabil zu halten. Gleichwohl will die Netzagentur aber ein neues Verfahren etablieren, um „etwaige Arbitragegeschäfte“ zu verhindern – sprich: Spekulation mit der Stromreserve. Problematischer hingegen war offenbar die Knappheit an Gas zur Versorgung der Gaskraftwerke. Damit sei ein „unerwartetes Ereignis“ hinzugekommen, „das die Stromnetze zusätzlich belastete“. Der Bericht liest sich in weiten Teilen wie ein Katalog von Problemen. Zwar gebe es hier und da Entlastungen im Netz, schreibt die Agentur. Doch gerade bei den Kraftwerken habe sich die Lage „nachteilig entwickelt“, weil sich Bauvorhaben verzögerten. „Stilllegungen weiterer konventioneller Kraftwerke sind derzeit in Deutschland nicht vertretbar“, heißt es. Auch Anreize für den Neubau von Kraftwerken zieht die Behörde in Erwägung, dies insbesondere im Süden Deutschlands. Schwachpunkte gebe es zudem nicht nur bei den Strom-, sondern auch bei den Gasnetzen. Nur bleibe der Handlungsbedarf hier „erfreulicherweise“ hinter dem der Stromnetze zurück. Nach Auffassung der Grünen zeigt der Bericht, „dass die schwarz-gelbe Bundesregierung die Energiewende verschlampt“, sagte Grünen-Energiepolitiker Oliver Krischer. „Es reicht nicht, aus der Atomenergie auszusteigen, den zweiten und wichtigeren Teil der Energiewende jedoch nicht anzugehen.“