In der Debatte um eine mögliche Unterwanderung der neuen Länder durch Rechtsextremisten hat Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die Ostdeutschen verteidigt: „Das Gerede vom demokratiemüden Osten ärgert mich gewaltig“, sagte Haseloff in einem Gespräch mit der Wochenzeitung „Die Zeit“. Über manche Kritik könne er „nur mit dem Kopf schütteln. Wir Ostdeutschen haben uns die Demokratie erkämpft. Wenn wir 1989 nicht auf die Straße gegangen wären“, dann „gäbe es hier überhaupt keine Demokratie“.
Im Gegensatz zu den alten Ländern, sagte Haseloff, hätten die neuen Länder diesen Erfolg aus eigener Kraft geschafft. Der 58-Jährige reagierte damit auch auf einen Streit, der nach Äußerungen von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) entbrannt war. Friedrich hatte eine teilweise Unterwanderung des Ostens durch Neonazis festgestellt. „Ja, diese Unterwanderung hat stattgefunden“, sagte Haseloff nun im Interview mit der Wochenzeitung. „Aber die Neonazis haben ihre Strukturen nach der Wende auch nur importiert.“ Gegen das Klischee vom politikverdrossenen Osten verwahrte Haseloff sich. „Die Menschen hier sind nicht politikverdrossen“, sagte er. Ihnen sei lediglich „der Enthusiasmus abhandengekommen. Aber das liegt daran, dass die Bürger zu wenig mitbestimmen können.“ Zudem würden sie mit manchen Regeln der alten Bundesrepublik hadern, die nach 1989 auch in der früheren DDR eingeführt wurden. „Viele der alten politischen Rituale sind den Menschen hier noch immer fremd“, so Haseloff. „Politik verkommt oft zur Show.“ Insgesamt seien die Bürger aber nicht unzufrieden: „Kein Ostdeutscher zieht doch freiwillig nach Kuba oder Nordkorea“, so der CDU-Politiker.