(Sebastian Schmiedl) Es ist keine besondere Meldung mehr, wenn in den Nachrichten von Gewalt berichtet wird, die auf religiösen Motiven basieren soll. In diesem Zusammenhang wird nicht minder häufig der Islam genannt. Immer wieder bekennen sich radikale Islamisten zu Bombenanschlägen, illegalen Hinrichtungen von vermeintlichen Verrätern sowie der gewaltsamen Unterbindung der freien Ausübung bestimmter Religionen (wie z. B. dem Christentum). Leicht kann deshalb der Eindruck gewonnen werden, dass der Islam Demokratiebewegungen im Wege steht.
Zwar wäre es natürlich eine fatale Fehleinschätzung, den Islam ausschließlich als freiheits- und friedensbedrohende Religion anzusehen, doch scheut Klaus Behnam Shad in seinem Buch „Militanter Islam und Demokratisierung in Indonesien“ auch nicht die unangenehmen Tatbestände, die – denn die Nachrichten lügen nicht – zweifelsohne vorhanden sind. Ca. 88% der Einwohner Indonesiens sind Muslime – hierunter mischen sich eben auch gewaltbereite, radikale Islamisten.
Der Autor beleuchtet die besagte Religion in bis heute geschichtlich relevanten Kontexten detailliert. Zunächst werden die Bedeutungen zentraler Begrifflichkeiten geklärt; dies ist für ein besseres Verständnis nachfolgender Analysen unabdingbar. Nach den Begriffsklärungen wird den Ursachen für die Radikalisierung des militanten Islam im 20. Jahrhundert auf den Grund gegangen. Von diesen Gründen ausgehend, spannt Klaus Behnam Shad einen Bogen zu der Entstehung des militanten Islam im Demokratisierungsprozess des Landes; dieser Aspekt wird auch vor dem Hintergrund der am 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten von Amerika durchgeführten Terroranschläge untersucht. Bevor ein Fazit gezogen wird, wird eine kritische Analyse bezüglich der Vereinbarkeit des Islams mit dem Konzept der Demokratie vorgenommen. Trotz der Komplexität und Vielschichtigkeit all dieser Themen werden stets zwei zentrale Fragestellungen fokussiert: Welche Bedeutung kommt dem Islam beim Demokratisierungsprozess Indonesiens zu und inwieweit ist diese Religion mit dem Ideal einer Demokratie vereinbar?
Klaus Behnam Shad kommt – gerade im Hinblick auf die Demokratie – zu erstaunlichen Ergebnissen: Viele der in Indonesien lebenden Muslime – die gemäßigten, zivilen, moderaten Muslime – stehen der westlichen Demokratie ablehnend gegenüber; die Demokratie wird vor allem aufgrund der in ihrem Namen geführten Kriege als eine Provokation gesehen. Erst der Liberalisierungsprozess ermöglichte es, dass islamische Parteien gegründet wurden, die nun in der Lage waren, politisch zu wirken; so wurden militante islamische Kräfte freigesetzt. Diese Kräfte wirken einem demokratischen System entgegen. In seinem Erstlingswerk beschreibt der 1984 in Teheran geborene Klaus Behnam Shad in einer differenzierten und anschaulichen Art und Weise beide Seiten einer Medaille: die Demokratisierung einerseits und die Politisierung des militanten Islams andererseits. Der Leser erfährt, dass der Islam oft zu einem bestimmten Legitimationszweck missbraucht wird; bei seiner Studie macht Klaus Behnam Shad deutlich, dass islamistische Führer Massen zu instrumentalisieren wissen, die wiederum eine reale Bedrohung darstellen können. Der Autor verschließt vor einer Unvereinbarkeit des Islams mit dem Konzept einer Demokratie hinsichtlich der Menschenrechte nicht die Augen, weist aber zugleich darauf hin, dass es in Indonesien immer mehr Muslime gibt, die einer Instrumentalisierung und Propaganda der radikalen Islamisten entgegenzuwirken versuchen. Es sind letztlich genau diese moderaten Muslime, die Klaus Behnam Shad ermutigen möchte, für ihre Überzeugungen und somit gegen die radikalen Islamisten zu kämpfen. Der Kampf lohnt sich – Indonesien, die drittgrößte Demokratie der Welt, könnte vielen anderen Staaten ein Vorbild sein.
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