Im Konflikt um die inhaftierte ehemalige ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko kehrt keine Ruhe ein. Mehrere Präsidenten der Europäischen Union (EU) haben am Montag angekündigt, nicht zu dem Gipfeltreffen mittel- und osteuropäischer Staatschefs Mitte Mai im ukrainischen Jalta reisen zu wollen. Sowohl Bundespräsident Joachim Gauck als auch der tschechische Präsident Václav Klaus haben die Reise mit Verweis auf die Lage Timoschenkos abgesagt.
Der slowenische Präsident Danilo Türk verwies zur Begründung der Absage auf „andere Verpflichtungen“. Weitere Absagen kamen aus Österreich und Italien sowie möglicherweise auch aus Estland. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat derweil am Montag mitteilen lassen, dass er bis auf weiteres nicht in die Ukraine reisen oder an irgendwelchen Veranstaltungen in der Ukraine teilnehmen wolle. Zugleich bestehe jedoch die Hoffnung, „dass wir Entwicklungen sehen werden, die zu einem Ende dieser sehr, sehr ernsten Lage beitragen können“, so eine Sprecherin Barrosos. Zuvor hatte auf EU-Ebene bereits Justizkommissarin Viviane Reding angekündigt, nicht zum Eröffnungsspiel der Europameisterschaft in die Ukraine reisen zu wollen. In Deutschland wird derzeit ebenfalls weiter über einen EM-Boykott diskutiert. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist ein Besuch von der politischen Entwicklung im Land abhängig. Ihr Parteikollege und Umweltminister Norbert Röttgen hat das Land derweil als Diktatur bezeichnet und zu einem EM-Boykott von deutschen Ministern und Ministerpräsidenten aufgerufen. Nach „jetzigem Stand“ komme ein Besuch der Ukraine „nicht in Frage“, so Röttgen. Gegenteilige Stimmen kommen vom Koalitionspartner FDP. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Philipp Rösler stellte sich im Gespräch mit der „Passauer Neuen Presse“ gegen einen verfrühten Boykott und mahnte zur Diplomatie. Die Ukraine hat sich unterdessen im Fall Timoschenko am Montag Einmischungen aus dem Ausland verbeten. Die Boykott-Überlegungen bezeichnete ein Vertreter des Außenministeriums in Kiew als Rückfall in Zeiten des Kalten Krieges. Julia Timoschenko befindet sich seit August 2011 in Haft und gilt im Westen als Opfer von politischer Rachejustiz im Auftrag des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Sie hatte 2004 die gegen Janukowitsch gerichtete orangene Revolution angeführt.