Medienrechtler: Bevölkerung wurde über Anti-Piraterie-Abkommen Acta bewusst im Unklaren gelassen

In der Debatte um die Einführung des geplanten internationalen Anti-Piraterie-Abkommens Acta hat der Medienrechtler Thomas Hoeren den Vorwurf erhoben, die Bevölkerung sei „bewusst“ im Unklaren über Inhalte des Abkommens gelassen worden. „Die Film- und Musikindustrie hat versucht, ihre Interessen in diplomatischen Geheimverhandlungen durchzudrücken“, sagte der Acta-Kritiker dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Allerdings hätten die Politiker „die Macht des Internets unterschätzt“.

Die für kommenden Samstag angekündigten europaweiten Proteste seien „nur der Auftakt einer Revolution“. Der Sprecher des für Acta zuständigen EU-Kommissars Karel De Gucht, John Clancy, wies in „Focus“ den Vorwurf zurück. „Acta hat in jeder Phase die von der EU geforderten institutionellen Verhandlungen, Beratungen und legislativen Prozesse befolgt.“ Die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär warnte in „Focus“: „Wir dürfen nicht das Vertrauen der Menschen – und damit meine ich nicht nur die Netzgemeinde – in die Kompetenz der Politiker verspielen, wenn es um Internet und Technologie geht.“ Mit Hinweis auf den CDU-Politiker Ansgar Heveling, der sich mit seinen Thesen von „digitalen Horden“ im Internet viel Spott eingefangen hatte, kritisierte Bär: Es sei „wenig hilfreich“, wenn Politiker sich damit zu profilieren suchten, „dem Netz jede Zukunftsperspektive abzusprechen“. Netzaktivist Enno Lenze von der Piratenpartei warnte in „Focus“ vor der Einführung einer „Zensurinfrastruktur“. Das Chaos-Computer-Club-Mitglied kritisierte, der Text des Abkommens lasse bewusst viel Raum für Interpretation und „alles zu, um das Urheberrecht zu schützen“.