Den möglichen Kanzlerkandidaten der SPD, Peer Steinbrück, holt ein Vorfall aus der Vergangenheit ein: Wie das Nachrichtenmagazin „Focus“ berichtet, hat Steinbrück 2006 in seiner Funktion als Bundesfinanzminister die damaligen Chefs von Post und Telekom um ein Sponsoring in Millionenhöhe gebeten. Mit dem offiziellen Briefkopf des Bundesministers der Finanzen warb Steinbrück am 10. April 2006 bei den Chefs der früheren Staatsunternehmen darum, ein Spiel des Ex- Schachweltmeisters Wladimir Kramnik gegen den Schachcomputer „Deep Fritz“ in Bonn zu finanzieren. Als Summe nannte er in dem zweiseitigen Brief, der dem Magazin vorliegt, einen Betrag zwischen 950.000 und einer Million Euro.
Der private Organisator dieser Partie habe die Ausrichtung einer offiziellen Schach-WM in Steinbrücks Wohnort Bonn demnach davon abhängig gemacht, dass „sein Investment für den Kampf „Deep Fritz – Kramnik hereingespielt wird“, schreibt Steinbrück in dem Brief. Der Bund ist der größte Einzelaktionär von Post und Telekom und im Aufsichtsrat der beiden Unternehmen durch einen Staatssekretär vertreten. Nach Ansicht renommierter Aktienrechtler hätte Steinbrück als Finanzminister nicht um Spenden werben dürfen. Uwe H. Schneider vom Institut für Kreditrecht an der Uni Mainz sieht in dem Brief „eine Aufforderung zur verdeckten Gewinnausschüttung, mindestens aber zu einer Pflichtverletzung“. „Natürlich können Unternehmen spenden, aber in angemessenem Umfang und nicht für die Liebhaberei des Großaktionärs an dessen Heimatort“, betonte Schneider gegenüber dem Magazin. Ihn erinnere diese Schach-Affäre „an die Briefkopf-Affäre von Jürgen Möllemann“. Der FDP-Politiker hatte als Wirtschaftsminister mit Briefkopf seines Ministeriums die Erfindung eines Verwandten angepriesen. Letztlich musste Möllemann 1993 wegen dieser „Briefkopf-Affäre“ zurücktreten. Auch Aktienrechtsexperte Michael Adams von der Uni Bonn sieht Parallelen zu dem Fall. Er sagte „Focus“, die Bitte Steinbrücks „um ein Millionen-Sponsoring für ein Schachturnier ist mit seiner Stellung als letztlich verantwortlicher Vertreter des Großaktionärs Bundesrepublik nicht vereinbar“. Die damaligen Chefs von Post und Telekom hätten „mit einem Bein im Gefängnis gestanden“, wenn sie der Bitte gefolgt wären, so Adams. „Mancher Staatsanwalt hätte darin eine versuchte Anstiftung zur Untreue sehen können.“ Das Geld, das Vorstände ausgeben, gehöre den Aktionären. Selbst für einen guten Zweck könne man den Eigentümern nicht einfach in die Tasche greifen. „Die Gewährung von Sondervorteilen, die ein mächtiger Aufsichtsrat einfordert, wäre eine Verletzung der Treuepflicht“ des Vorstands, sagte er. „Kein Wunder, dass die Vorstände sich geweigert haben.“ Adams, der die Verhältnisse in den beiden Ex-Staatsunternehmen Post und Telekom gut kennt, kann Steinbrücks Brief nicht nachvollziehen: „Das war ein starkes Stück und eine fahrlässige Dummheit.“