Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat die Debatte um die Nebeneinkünfte des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück scharf kritisiert. „Mich hat an der aktuellen Debatte manches eher irritiert als überzeugt“, sagte der CDU-Politiker der „Welt am Sonntag“ (14. Oktober 2012). „Manche Vorwürfe – sowohl aus den Medien als auch aus den politischen Lagern – fand ich nicht aufrichtig. Und manche Vorschläge finde ich auch nicht zielführend.“
Lammert äußerte im Gespräch mit der Zeitung zudem verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Verschärfung der geltenden Veröffentlichungspflichten. „Die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit solcher Auskunftspflichten werden mit zunehmenden Transparenzansprüchen jedenfalls nicht geringer“, sagte er. „Ich persönlich habe das Argument, dass die Höhe der Vergütung von Nebentätigkeiten ein verlässliches Indiz für Abhängigkeit sei, nie überzeugend gefunden.“ Transparenz sei ein unverzichtbarer Bestandteil jedes demokratischen Systems, dürfe aber „nicht zum Selbstzweck verkommen“, mahnte Lammert. „Den gläsernen Abgeordneten jedenfalls kann sich niemand ernsthaft wünschen.“ Er nehme zur Kenntnis, dass „wir alle nicht den durchsichtigen Bürger wollen“, fügte Lammert hinzu. „Aber wenn es einen nicht selbst betrifft, sondern den Nachbarn, kann es offensichtlich gar kein Übermaß an Durchsichtigkeit geben. Da erscheint mir oft die Neugier ausgeprägter als das demokratische Prinzip.“