Kunststoffe schweißen mit Licht

LASYS 2012: Laser-Durchstrahlschweißen funktioniert berührungslos und ermöglicht eine direkte Prozesskontrolle

Die Frage, wie Kunststoffteile sich möglichst gut und dauerhaft verbinden lassen, beschäftigt die Experten seitdem es diese Werkstoffe gibt. Was möglich ist, zeigt die LASYS, internationale Fachmesse für Laser-Materialbearbeitung, vom 12. bis 14. Juni 2012 in Stuttgart.

Schon seit Ende der 90er-Jahre des vorigen Jahrhunderts werden thermoplastische Kunststoffe mit dem Laser geschweißt, doch nach wie vor gilt das Verfahren als hoch innovativ. Am häufigsten ist in der Praxis das Laser-Durchstrahlschweißen anzutreffen. Dabei ist in der Regel eines der beiden Bauteile für die vom Laser eingesetzte Wellenlänge transparent, das andere absorbiert die Laserenergie, beispielsweise durch Beimischung von Ruß. Im Energie absorbierenden Bauteil entsteht Wärme, die sich durch leichtes Zusammenpressen beider Bauteile auf das obere Bauteil überträgt. Dadurch schmelzen die Teile in der Randzone auf und bilden eine Schweißnaht, die beide sicher verbindet. Eingesetzt werden meist effiziente Diodenlaser, deren relativ geringe Leistung und Strahlqualität völlig ausreicht, um die Kunststoffe aufzuschmelzen.

„Das Laser-Kunststoffschweißen unterscheidet sich deutlich vom Schweißen metallischer Materialien“, erklärt Frank Brunnecker, Vice President Bereich Laser Welding der LPKF Laser & Electronics AG in Erlangen, da „der Laserstrahl zunächst den oberen, lasertransparenten Fügepartner durchdringt und seine Energie erst in der unteren, laserabsorbierenden Komponente freisetzt“. Das Ergebnis sei eine saubere, sichere und optisch anspruchsvolle Schweißnaht in einem besonders wirtschaftlichen Prozess.

Peter Bruns, Leiter Anwendung und technischer Service der LIMO Lissotschenko Mikrooptik GmbH, Dortmund, ergänzt, dass „das Laser-Durchstrahlschweißen Anwendungen ermöglicht, die mit traditionellen Fügeverfahren nur schwer oder gar nicht möglich sind“. Der entscheidende Vorteil gegenüber den meisten anderen Fügeverfahren sei die berührungslose, direkte Wechselwirkung des Laserlichts mit dem Kunststoff. So sei beispielsweise das konkurrierende Ultraschallschweißen abhängig vom guten mechanischen Kontakt der Sonotroden mit dem Kunststoff. Peter Bruns weist auf einen weiteren Vorteil hin: „Das Laser-Durchstrahlschweißen ermöglicht die optische Integration einer Online-Überwachung des Fügeprozesses beispielsweise durch die Leistungsüberwachung des Diodenlasers und die Überwachung beziehungsweise Regelung der Prozesstemperatur, was bei „mechanischen“ Schweißverfahren nicht möglich ist.“

LIMO setze praktisch alle bekannten Verfahren wie Kontur-, Quasisimultan-, Simultan- oder Maskenschweißen ein. So zeigt das Unternehmen auf der LASYS 2012 seine refraktive Mikrooptik, mit der sich maßgeschneiderte Strahlformung wie Linien-, Flächen- und Kreis-/Ringverteilungen effizient erzielen ließen. Bruns: „Das simultane, also gleichzeitige Schweißen der gesamten Schweißkontur in einem Schuss, ermöglicht eine optimale Prozesssicherheit mit sehr guter Homogenität und Flankensteilheit und durch an die Materialeigenschaften angepasste Intensitätsprofile der Laserstrahlung.“ Ein Beispiel sei der sogenannte „M-Shaper“ für das Konturschweißen mit fasergekoppelten Diodenlasersystemen: „Dabei wird das Intensitätsprofil des Laserspots als für den Schweißprozeß optimale runde Verteilung mit innen liegendem, definiertem Minimum ausgeprägt.“ So ließen sich besonders homogene, porenfreie Schweißnähte ohne Spritzer und Zersetzungsspuren herstellen, wie sie beispielsweise beim Fügen von Kunststoff-Folien mit sehr kleinem Prozeßfenster gefordert seien.

„Vor allem aus der Automobilindustrie ist der Laser als wertvolles Werkzeug nicht mehr wegzudenken“, sagt Thilo von Olnhausen, Marketingleiter der ACSYS Lasertechnik GmbH, Kornwestheim. So habe man die Laserbearbeitungsanlage Barracuda speziell zum Verschweißen von Tachometerblenden modifiziert, wobei das Gehäuse mit der Klarsichtscheibe laserverschweißt werde. „Der Vorteil dieser Methode ist“, so Thilo von Olnhausen, „dass keine Schrauben oder jegliche andere Fixierungen wie Kleber oder Klammern benötigt werden, und durch den reversierenden Rundtisch eine zeitparallele Beladung ermöglicht wird.“ Der Laser dringt durch die transparente Tachometersichtscheibe und wird vom darunter liegenden lichtundurchlässigen Tachogehäuse absorbiert. Von Olnhausen: „Der Kunststoff erhitzt sich im Bruchteil einer Sekunde über den Schmelzpunkt hinaus und verflüssigt sich, die punktuelle Hitze des dunklen Kunststoffes schmilzt den transparenten Kunststoff der Tachosichtscheibe, so dass beide unterschiedlichen Kunststoffe nach dem Erkalten fest miteinander verschweißt sind.“

Parallelen zur Metallbearbeitung lassen sich bei den Zukunftstrends erkennen: So geht die Entwicklung in Richtung wirtschaftlicher und kompakter Multifunktionslösungen. „Eine Anlage soll möglichst viele Aufgaben rationell, schnell und in perfekter Qualität in einem Arbeitsgang erledigen“, erklärt von Olnhausen. Die Antwort auf die steigenden Anforderungen zeigt ACSYS auf der LASYS in Form des Laserbearbeitungssystems Barracuda Multi. Es könne Kunststoffe beschriften, gravieren, schneiden und schweißen. Optional ausgestattet mit einem Mehrkopfsystem, könne es beispielsweise Bauteile mehrseitig bearbeiten. Für weitere Arbeitsvereinfachung sorge das „Live-Adjust-System“ (LAS): Mittels einer Kamera lässt sich das Werkstück exakt positionieren und reduziert so den Einrichtungsaufwand.

Neuere Entwicklungen auf Basis längerer Diodenlaser-Wellenlängen ermöglichten mittlerweile sogar die Verbindung zweier transparenter Kunststoffe. Frank Brunnecker von LPKF: „Es sind neue Produkte mit langen Wellenlängen zwischen 1470 und 1550 nm mit ausreichend Laserleistung verfügbar, die eine ausreichend hohe intrinsische Absorption in für kürzere Wellenlängen transparenten Kunststoffen ermöglichen, sodass diese gefügt werden können.“ In diesem Spektralbereich seien die meisten Kunststoffe auch ohne Absorberzusatz absorbierend für den Laserstrahl. „Die Herausforderung bei jeder Laserschweißung besteht in der Abstimmung zwischen Bauteildesign und -material, einem geeigneten Laserschweißprozess sowie der richtigen Anlagentechnik.“ Solche Klar-Klar-Verbindungen mit höchsten visuellen Ansprüchen würden immer wichtiger, insbesondere in der Medizintechnik, wo es auf eine besonders sichere und hygienische Verarbeitung ankomme. Der Laserprozess sei abriebfrei und benötige keine Zusatzstoffe wie Klebstoffe. Darüber hinaus biete das Laserschweißen gleich mehrere Möglichkeiten der Qualitätssicherung im Prozess. Bruns: „Beispiele sind die Fügewegüberwachung, die Pyrometerkontrolle der Erwärmung der Schweißnaht oder auch die patentierte Reflexionsdiagnostik, die den erfolgreichen Schweißvorgang sicher detektiert.“

Auf der LASYS 2012 zeigen vom 12. bis 14. Juni rund 200 Aussteller in der Halle 4 ihre Innovationen und Weiterentwicklungen rund um die Lasertechnologie. Im Fokus stehen Laserapplikationen und Produktlösungen, Laser-Fertigungssysteme für die Mikro- und Makro-Materialbearbeitung sowie für die Feinwerktechnik. Die LASYS richtet sich gezielt an Anwender und Anbieter der Lasermaterialbearbeitung. Mit ihrer branchen- und zugleich materialübergreifenden Konzeption ist sie einzigartig in der Messelandschaft.

Über die LASYS:

Maschinen, Verfahren und Dienstleistungen, einschließlich der laserspezifischen Maschinensubsysteme, stehen im Fokus der LASYS, deren Markenzeichen die einzigartige branchen- und materialübergreifende Ausrichtung ist. Als Industrieshow wendet sich die LASYS gezielt an Anwender und Anbieter der Laser-Materialbearbeitung.

Hinweise für Journalisten:
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