Koalitionspolitiker warnen vor vorschnellen EU-Beitritten

Der Obmann der Unions-Fraktion im Bundestagsfinanzausschuss und Vorsitzende der CSU-Mittelstands-Union, Hans Michelbach, und die Vorsitzende der Hamburger FDP, Sylvia Canel, haben sich angesichts der eskalierenden Euro-Schuldenkrise dafür ausgesprochen, künftige Erweiterungen der Europäischen Union (EU) strikt von der Aufnahmefähigkeit abhängig zu machen. „Entscheidend ist, dass die Beitrittsverträge sorgfältig ausgehandelt worden sind und die neuen Mitglieder ausreichend leistungsfähig sind“, sagte Michelbach „Handelsblatt-Online“. Es dürfe sich nicht das wiederholen, was unter Rot-Grün passiert sei.

„Bei den damaligen Massenbeitritten ost- und südosteuropäischer Staaten wurde unter anderem ein Land wie Rumänien Mitglied der EU, das damals aus einer ganzen Reihe von Gründen nicht wirklich reif dafür war.“ Die Probleme bestünden in vielen Fällen bis heute fort und belasteten die Gemeinschaft. Auch mit dem damaligen Beitritt Bulgariens hätte man nach Michelbachs Überzeugung besser noch gewartet. „Wir tun keinem Land einen Gefallen mit einem Beitritt zur Gemeinschaft, wenn es dafür nicht die notwendigen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Voraussetzungen mitbringt“, betonte der Sprecher des CSU-Wirtschaftsflügels. Außer dem im kommenden Jahr anstehenden Beitritt Kroatiens sieht Michelbach keine weitere Erweiterungsnotwendigkeit. „Wer sich Länder wie Serbien, Montenegro oder Mazedonien anschaut, kann unzweifelhaft erkennen, dass diese Länder noch einen sehr weiten Weg zurücklegen müssen, bis über ihren EU-Beitritt ansatzweise ernsthaft nachgedacht werden könnte“, sagte er. „Ein Beitritt der Türkei erscheint mir aus vielerlei Gründen nicht sinnvoll.“ Nach Meinung der FDP-Bundestagsabgeordneten Canel kommt es darauf an, dass jeder Beitrittskandidat einen „Mehrwert für die EU“ darstelle und dazu beitrage, den Euro zu stabilisieren. Einen kategorischen Beitrittsstopp lehne sie aber ab. „Erforderlich ist, dass die Beitrittskandidaten die Maastricht-Kriterien strikt einhalten und sich zur konsequenten Ausgabendisziplin verpflichten“, sagte Canel. „Die Fortführung des europäischen Einigungsprozesses wird zukünftig strenger und kontrollierter auf die Einhaltung der Verträge ausgerichtet sein müssen, damit Europa seine Stellung in der Welt behaupten kann.“ Dies gelte für alle Mitgliedsländer. Auch Michelbach sieht keine Notwendigkeit für einen EU-Beitrittsstopp wegen der Schuldenkrise in einigen Euro-Staaten. Die Krise erfordere zwar „große Kraftanstrengungen“ auch der Europäischen Union. „Die Gemeinschaft ist wegen der Schuldenkrise aber nicht handlungsunfähig.“ Die zu bewältigenden Probleme dürften zudem auch nicht zum Hindernis für ein gemeinsames Europa werden.