Mögliche Klagen gegen Schuldensünder werden in Europa künftig schwer durchzusetzen sein. Nach Informationen der Tageszeitung „Die Welt“ (E-Tag 1. März 2012) wollen die europäischen Regierungschefs beim EU-Gipfel am Donnerstag einen komplizierten Sanktionsmechanismus bei Verstößen gegen den Fiskalpakt vereinbaren. So soll das Klagerecht laut einer entsprechenden Zusatzvereinbarung zum Fiskalpakt, die der „Welt“ vorliegt, nur Ländern zugestanden werden, nicht aber einer unabhängigen Institution wie der EU-Kommission.
Damit drohen die Sanktionen schwer durchsetzbar zu werden. Schon heute können EU-Länder gegen andere EU-Länder klagen, nutzen diese Möglichkeit aber kaum. In der Geschichte der EU gab es allerdings nach Recherchen der „Welt“ nur drei EuGH-Urteile, die auf diesem Wege zustande kamen. Dagegen strengt die EU-Kommission jährlich rund 2000 Verfahren an. Deutschland hatte sich deswegen für ein Klagerecht der Kommission eingesetzt, war in den Verhandlungen aber damit gescheitert. Laut der Vereinbarung ist dasjenige Land aufgefordert, Schuldensünder vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen, das gerade die EU-Ratspräsidentschaft innehat, sowie sein Vorgänger und Nachfolger in dieser Funktion. Würde derzeit eine Klage fällig werden, wären dies Dänemark, Polen als Vorgänger und Zypern als Nachfolger. Dabei können sich Länder, die nicht andere vor Gericht bringen wollen, allerdings auf etliche Ausnahmen berufen: So müssen sie einmal Vertragspartei sein, also den Fiskalpakt ratifiziert haben. Zudem nennt die Vereinbarung drei Gründe dafür für eine Befreiung von der Klagepflicht: Ein Land darf nicht selbst Gegenstand eines solchen Verfahrens sein und darf auch nicht Gefahr laufen, es zu werden. Das ist der Fall, sobald die EU-Kommission eine Verletzung der Pflichten aus dem Fiskalpakt formell feststellt. Ein potenzielles Klägerland darf außerdem „nicht unfähig sein, aus anderen vertretbaren Gründen allumfassender Natur zu handeln“, wie es in dem Dokument heißt, das der „Welt“ vorliegt.