Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer der Zwickauer Neonazi-Zelle, Barbara John, fordert von den Sicherheitsbehörden eine ständige Information über den Stand der Ermittlungen. „Für alle Angehörigen der Opfer ist es wichtig, von den Behörden zu erfahren, wie die Ermittlungen verlaufen, wie es damit weitergeht. Generalbundesanwalt Harald Range muss hier einen gangbaren Weg finden, dass sie darüber regelmäßig informiert werden“, sagte John der Tageszeitung „Die Welt“ (Donnerstagausgabe).
Range wolle die Anwälte der Opfer im März zu einem Gespräch einladen. John hält es für notwendig, dass auf der Gedenkfeier für die Mordopfer mit Bundeskanzler Angela Merkel am Donnerstag in Berlin „thematisiert wird, dass die Sicherheitsbehörden bei der Aufklärung versagt haben.“ Die Behörden hätten ausschließlich in Richtung „Ausländerkriminalität“ ermittelt. „Das belastete die Hinterbliebenen enorm. Viele verloren dadurch ihre sozialen Kontakte. Wie gering die Opfer geschätzt wurden, mussten deren Familien leidvoll erleben, indem von den Behörden abschätzig jahrelang von `Döner`-Morden gesprochen wurde“, sagte John. Die Aus- und Weiterbildung der Polizei besonders in den neuen Bundesländern müsse auf die „erforderlichen Mindeststandards“ gebracht werden. „Es muss auch eine Neudefinition fremdenfeindlicher Straftaten geben. Wenn ein Einwanderer betroffen ist, sollte künftig grundsätzlich immer auch in Richtung Rechtsextremismus ermittelt werden. Genau dies wurde jahrelang aber sofort kategorisch ausgeschlossen, sogar von früheren Bundesinnenministern“, sagte John. Wenn die Deutschen „nicht an sich heranlassen“, was bei den Neonazi-Morden wirklich passiert sei, würden sie auch nicht die Kraft entwickeln, ihr Land zu verändern. „Das ist für mich das Wichtigste“, sagte John. Die „teilweise herrschende Teilnahmslosigkeit“ gegenüber dem Geschehenen gibt ihr zu denken: „Es wird oft einfach als lästig angesehen, nun doch noch damit konfrontiert zu werden. Das wäre sicher anders, wenn es zehn Prominente oder Politiker getroffen hätte“, sagte John. Wer wolle schon wahrhaben, dass sich „in unserer Bilderbuchdemokratie rassistische Mörder von breivikschem Fanatismus sieben Jahre lang austoben konnten?“ Nach Johns Eindruck gehört Ablehnung und Missachtung von Einwanderern immer noch zu Alltagsgesprächen. „Dagegen müssen wir auf allen Ebenen und in staatlichen Einrichtungen Strategien entwickeln“, sagte John der Zeitung.