Häusliche Pflege: Was pflegende Angehörige am meisten belastet

Krems (Österreich), 17. Mai 2023: Die Situation von Menschen, die zu Hause Pflegebedürftige betreuen, wird von vielen Faktoren beeinflusst – welche davon sich besonders auf die persönlich empfundene Stressbelastung auswirken, hat nun ein Team der Universität Wien und der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften untersucht. Dabei wurden fünf Faktoren mit besonders großem Einfluss auf die subjektive Belastung pflegender Angehöriger gefunden, wobei der Gesundheitszustand der Pflegenden die größte Auswirkung zeigt. Für sozial- und gesundheitspolitische Maßnahmen bietet die jetzt international publizierte Studie eine Grundlage zur gezielten Entlastung Pflegender im häuslichen Setting.

 

Häusliche Pflege durch Familienangehörige ist die häufigste Form der Pflege. Allein in Österreich werden 70 % aller Pflegebedürftigen durch Familienangehörige oder informelle Netzwerke betreut. Dass die Pflegesituation auch für die Pflegenden belastend sein kann, ist dabei weitläufig bekannt. Weniger bekannt sind die Risikofaktoren, die diese Belastung am meisten beeinflussen und deshalb im Rahmen von Health Policy besondere Berücksichtigung finden sollten. Genau solche Faktoren wurden nun in einer international publizierten Studie eines Teams der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) und den Instituten für Pflegewissenschaft und für Soziologie der Universität Wien gesucht – und gefunden.

 

Big Five

„Unserer Studie liegen die repräsentativen Daten von 2.352 erwachsenen Pflegenden in Österreich zugrunde“, erläutert Prof. Hanna Mayer vom Fachbereich Pflegewissenschaft der KL Krems, eine der Studienautorinnen und -autoren. „Mittels statistischer Analysen konnten wir aus diesen Daten 45 Faktoren mit Einfluss auf den Stress und die Belastungen der Pflegenden identifizieren. Weitere statistische Auswertungen zeigten, dass fünf von diesen besonders einflussreich sind  – unsere sogenannten „Big Five“.“

Diese Big Five – also jene Faktoren mit dem größten Einfluss auf die subjektive Belastung der Pflegenden – waren 1) der Gesundheitszustand der Pflegenden, 2) Verhaltensprobleme der Pflegebedürftigen, 3) eine hohe Frequenz direkter Pflegemaßnahmen, 4) die Zeitintensität der Pflege und 5) eine höhere Pflegeabhängigkeit der Pflegebedürftigen.

 

Abwärtsspirale

Unter diesen fünf einflussreichsten Faktoren sticht dabei ganz besonders der Gesundheitszustand der Pflegenden heraus. Zum einen, weil sein Einfluss am stärksten war, zum anderen auch wegen einer weiteren Besonderheit, wie Ana Cartaxo, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Pflegewissenschaft der KL Krems und Erstautorin der Studie, ausführt: „Tatsächlich wird der Gesundheitszustand der Pflegenden ja gerade auch durch deren subjektive Belastung in Verbindung mit der Rolle als Pflegende:r beeinflusst. Wir haben es hier also mit einem negativen Feedback-System zu tun: Ein schlechter Gesundheitszustand pflegender Angehöriger führt zu mehr Belastung durch die Pflege, wodurch sich der Gesundheitszustand der Pflegenden weiter verschlechtert, was wiederum zu einer höheren Belastung führt…..und so weiter in der Abwärtsspirale.“

Die Studienautorinnen und -autoren differenzieren bei den Faktoren zwischen solchen, die sich aus den Umständen der Pflegesituation ergeben und jenen, die unmittelbar durch die Pflege selbst entstehen. Dabei zählt der Gesundheitszustand (zu Beginn der Pflege) gemeinsam mit der Pflegeabhängigkeit zu den Faktoren, die den Umständen geschuldet sind, wohingegen die Zeit- und Pflegeintensität sowie das Verhalten des Pflegebedürftigen sich unmittelbar aus der Pflege selbst ergeben. Diese Differenzierung ist insofern wichtig, als sie unterschiedliche Ansatzpunkte für sozial- und/oder gesundheitspolitische Maßnahmen bieten, die der Entlastung Pflegender dienen könnten. Solche Maßnahmen sind vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung dringend notwendig. Zusammen mit der Universität Wien leistet die KL Krems mit dieser Studie nun einen Beitrag mit hoher gesundheitspolitischer Relevanz, um diese Herausforderung zu meistern.

Originalpublikation: Risk Factors with the Greatest Impact on Caregiver Burden in Informal Homecare Settings in Austria: A Quantitative Secondary Data Analysis. A. Cartaxo, M. Koller, H. Mayer, F. Kolland & M. Nagl-Cupal. Health & Social Care in the Community Volume 2023, Article ID 3270083, 14 pages https://doi.org/10.1155/2023/3270083

 

Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (Stand 2023)

An der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) in Krems ist die umfassende Betrachtungsweise von Gesundheit und Krankheit eine grundlegende Zielsetzung für Forschung und Lehre. Die KL stellt mit ihrem europaweit anerkannten Bachelor-Mastersystem eine flexible Bildungseinrichtung dar, die auf die Bedürfnisse der Studierenden, die Anforderungen des Arbeitsmarkts ebenso, wie auf die Herausforderungen der Wissenschaft abgestimmt ist. In den Studienrichtungen Medizin und Psychologie studieren aktuell rund 600 Studierende. Die drei Universitätskliniken in Krems, St. Pölten und Tulln gewährleisten eine klinische Lehre und Forschung auf höchstem Qualitätsniveau. In der Forschung konzentriert sich die KL auf interdisziplinäre Felder mit hoher gesundheitspolitischer Relevanz – u.a. der Medizintechnik, der molekularen Onkologie, der mentalen Gesundheit und den Neurowissenschaften sowie dem Thema Wasserqualität und den damit verbundenen gesundheitlichen Aspekten. Die KL wurde 2013 gegründet und von der Österreichischen Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ Austria) akkreditiert.

 

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