Gysi befürchtet Auseinanderbrechen der Linken

Der Vorsitzende der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, hat seine Partei vor einem „Desaster“ auf dem Parteitag am Wochenende gewarnt. „Es wird schwer, aber ich hoffe darauf, dass die Delegierten den Ernst der Situation erkennen. Entweder es gelingt ein Neubeginn, oder es endet in einem Desaster bis hin zu einer möglichen Spaltung“, sagte er am Donnerstag der „Süddeutschen Zeitung“.

Zur Frage, ob noch in dieser Legislaturperiode ein Auseinanderbrechen der Linksfraktion im Bundestag zu befürchten sei, sagte er: „Ich hoffe aber auf die Klugheit der Delegierten, die Entscheidungen treffen können, die das von vornherein ausschließen.“ In der Linkspartei liefern sich die wichtigsten Strömungen einen Machtkampf um die Führung der Partei, dessen Ausgang als völlig offen gilt. „Mein Maßstab ist, ob wir eine kooperative Führung hinbekommen, in der Repräsentanten von Volkspartei und Interessenpartei gezwungen sind, wirksam und gemeinsam zu handeln“, sagte Gysi. Namen wollte Gysi nicht nennen, er kritisierte aber Forderungen aus westlichen Landesverbänden, der frühere Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch solle seine Kandidatur für den Parteivorsitz zurückziehen. „Jede und jeder hat das Recht zu kandidieren. Man sollte nicht öffentlich vorschlagen, dass einer auf seine Rechte verzichtet“, sagte er. Der frühere Vorsitzende Oskar Lafontaine hatte eine Rückkehr an die Parteispitze davon abhängig gemacht, dass Bartsch seine Kandidatur zurückzieht. Nach Bartschs Weigerung hatte Lafontaine seine Bereitschaft zurückgezogen. Die heftigen Auseinandersetzungen in der Partei hatten sich daraufhin weiter verschärft. In der Linken steht das im Osten dominierende Reformlager der westlich geprägten Parteilinken gegenüber. Vom Parteitag in Göttingen wird daher auch eine Richtungsentscheidung erwartet. Gysi appellierte aber an die Delegierten, doch noch lagerübergreifende Kompromisse zu finden. „Die Lage in Europa, die Kriege, die Finanzkrise, die Art, wie die Banken ihre Macht gegen die Parlamente und Regierungen ausspielen, machen eine starke Linke in Deutschland erforderlich. Es wäre jammerschade, wenn die Linke sich in einer solchen Zeit zerlegte“, warnte er. Dabei gab er auch eigenes Versagen zu. „Ich bin mit meiner Integrationsaufgabe erst einmal gescheitert“, räumte er ein. „Ich habe immer versucht, den Ausgleich zu wahren. Aber auch für mich ist das Ende der Fahnenstange langsam erreicht. Die Ablehnung ist so tief, dass Leiten manchmal nicht mehr möglich erscheint.“ Für die zwei Chefposten der Linkspartei gab es bis Donnerstag zehn Bewerber, von denen höchstens fünf als aussichtsreich gelten, unter ihnen auch Dietmar Bartsch. Das linke Lager unter Führung der Vize-Parteichefin Sahra Wagenknecht machte es sich aber zum Ziel, eine Wahl des Ex-Bundesgeschäftsführers zu verhindern. Auch eine Kandidatur Wagenknechts in letzter Minute galt nicht als ausgeschlossen. Wagenknecht sprach sich allerdings für eine Doppelspitze aus der bisherigen Vize-Parteichefin Katja Kipping, die aus Sachsen stammt, und dem Landeschef aus Baden-Württemberg, Bernd Riexinger, aus. Chancen auf einen Sieg wurden auch der Fraktionschefin der Linken in Hamburg, Dora Heyenn, eingeräumt.