Grünen-Chefin Claudia Roth hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgefordert, sich nach einem Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff um einen gemeinsamen Kandidaten von Regierung und Opposition für das höchste Staatsamt zu bemühen. Sollte die Suche nach einem neuen Bundespräsidenten nötig werden, erwarte sie, dass Merkel „auf die politischen Kräfte in diesem Land zugeht mit einem wirklichen Interesse an einem überzeugenden und glaubwürdigen gemeinsamen Kandidaten für das Schloss Bellevue“, sagte Roth der „Welt am Sonntag“. Der von SPD und Grünen im vergangenen Jahr nominierte Joachim Gauck wäre „ein idealer Bundespräsident gewesen“, fügte Roth hinzu.
„Aber die Kanzlerin hat leider machtstrategisch agiert, und ich kann sie nur warnen, dies wieder zu tun.“ Die Grünen-Vorsitzende griff den Bundespräsidenten zudem ungewöhnlich scharf an. „Herr Wulff hat die politische und moralische Autorität verloren, ihm fehlen Würde und Glaubwürdigkeit“, sagte sie. Das schade auch dem Ansehen Deutschlands. „Wenn sich herausstellt, dass Herr Wulff die Unwahrheit gesagt hat, sollte er für sich die notwendigen Konsequenzen ziehen.“ Dasselbe gelte, wenn er gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen habe. Es könne nicht sein, dass sich Wulff „larmoyant als Opfer“ inszeniere. Angesichts der vielen offenen Fragen lasse sich das „nicht einfach aussitzen“. Die Frage, ob Wulff das Amt noch ausfüllen könne, müssten „zwei Personen beantworten: Herr Wulff und diejenige, die ihn zu verantworten hat: Frau Merkel“, so Roth. „Die Kanzlerin muss endlich eine persönliche Stellungnahme abgeben.“