Sie hätten doch nur für die Firma IFF AG (ehemals Futura Finanz AG) des Hofer Kaufmannes Michael Turgut gehandelt und hätten doch die Kunden gar nicht als selbständige Vermittler beraten.
Mit dieser Ausrede kamen bislang die Vermittler der IFF AG recht erfolgreich vor Gerichten durch, wenn geprellte Anleger die vermittelten Gelder zurückverlangten. Der Berliner Rechtsanwalt Christian Röhlke hat vor dem Oberlandesgericht Dresden nun einen Hinweisbeschluss erstritten, demzufolge vielleicht kein Grand Slam-Vermittler mehr frei von Haftungsansprüchen ist, wie er dem Finanznachrichtendienst GoMoPa.net mitteilte.
Unter anderem hatte die Turgut-Truppe auch den am 1. Juli 2005 aufgelegten Fonds Grand Slam (Schweizer Liechtensteinisches Asset Management) der liechtensteinischen Firma Dux Trust Partners AG verkauft. Dabei zahlten die Anleger ihr Geld auf das Konto der Schweizer Swiss Quote Bank und erteilten der liechtensteinischen Dux Trust Partners AG die Vollmacht, das Geld in europäische und weltweite Aktienfonds zu investieren.
Doch dieser Fonds ließ sich nur schlecht verkaufen, da die jährliche Rendite sollte nur 3 Prozent betragen sollte, aber die Verwaltungskosten außergewöhnlich hoch waren. Somit hatten die Anleger neben dem Agio von fünf Prozent plus laufende Verwaltungsgebühren auch noch die Vorverwaltungsgebühr in Höhe von 6,5 Prozent der Anlagesumme zu zahlen.
Ratensparen kam noch teurer: Ein Anleger, der 8.500 Euro Einmalbetrag plus 100 Euro im Monat für 30 Jahre anlegte, zahlte sogar rund 4.200 Euro, also fast die Hälfte des Einmalkapitals, als Vorabverwaltungsgebühren. Zwar sollen diese Gebühren teilweise zurückgezahlt werden, wenn Anleger „Grand Slam“ bis zum Schluss die Treue halten. Die Erstattung entfällt aber, wenn sie vor Ablauf der zwölfjährigen Mindestlaufzeit kündigen. Die Grand Slam AM Services AG hat nach Angaben von GoMoPa.de in den ersten drei Jahren schon zweistellige Millionenbeträge von Anlegern eingesammelt. Kaum bessere Renditeaussichten bot das im Jahr 2008 aufgelegte „Golden Slam Programm“ der Dux Trust Partners AG, das in Edelmetalle und Öl investieren will.
Worin bestand nun der Verkaufstrick? Überzeugend einfach wurde behauptet, dass die hohen Verwaltungsgebühren auf den Lohnsteuerkarten als Vorabwerbungskosten eingetragen werden können, wodurch sich das zu versteuernde Einkommen monatlich spürbar verringern würde, also mehr Netto in der Lohntüte bliebe. In einem von Christian-H. Röhlke erstrittenen Urteil vom 20.08.2010 am Amtsgericht Göppingen, sah das Gericht als erwiesen an, dass der Berater den Kunden nicht über die Höhe der ihm zustehenden Innenprovision beraten hat und auch die steuerliche Absetzbarkeit des Grand Slam Programms falsch dargestellt hat.
Die Finanzämter erkannten die Verwaltungskosten des Fonds aber nicht als Werbungskosten an, die Anleger konnten die Mehrkosten nirgends geltend machen. Also kam zur dreiprozentigen Rendite keine versprochene Steuervergünstigung hinzu. Unterm Strich schlimmer noch, die Einzahlungen wurden fast völlig für Kosten verbraucht. „Asset Management Fees“ – das war und ist der wohl am häufigsten auftauchende Begriff auf den Kontoauszügen der Swiss Quote Bank, die die Teilnehmer des „Grand Slam“-Programms zugeschickt bekommen haben und bekommen. „Asset Management Fees“ umschreibt die Vermögensverwaltergebühren, die wesentlich höher sind als die meisten Anleger wussten, bzw. worauf sie nicht hinreichend genug hingewiesen wurden.
Bislang hatten die Anleger kaum Erfolg, wenn sie ihr Geld zurückverlangten
„Die Grand Slam AG selbst konnte kaum verklagt werden, weil der Firmensitz sich in Liechtenstein befand und die Rechtshilfeabkommen zwischen Deutschland und Liechtenstein ausgesprochen dürftig sind“, schätzt der Berliner Rechtsanwalt Christian Röhlke gegenüber GoMoPa.net ein.
Aber irgendwer muss doch zur Verantwortung herangezogen werden, blieben also die Finanzvermittler. Diese hätten frühzeitig erkennen können und darauf hinweisen müssen, das die versprochenen Steuererleichterungen zu keinem Zeitpunkt gewährt würden, meint Anwalt Röhlke. Aber die Finanzvermittler und die Vertriebsfirma schoben sich weiterhin erfolgreich den schwarzen Peter zu, denn bereits wegen eines anderen Fondsverkaufs saß Chef Michael Turgut in Untersuchungshaft.
Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hof geht es um den Multi Advisor Fund. Die von der IFF AG vermittelten Verträge waren seltsam konstruiert, wie die Zeitschrift Finanztest befand: Sie sahen vor, das Anlagekapital etwa in Anteile zugelassener Investmentfonds zu investieren. Allerdings erwarben Anleger die Investmentanteile nicht unmittelbar. Vielmehr beteiligten sie sich zu diesem Zweck als Gesellschafter an der Multi Advisor Fund I GbR, die Investmentanteile letztlich kaufen sollte. Im Unterschied zu einer direkten Anlage in Investmentfonds besteht für die Anleger durch den GbR-Beitritt ein erhöhtes Risiko. Gesellschafter einer GbR haften grundsätzlich mit ihrem gesamten Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der GbR. Viele Anleger dürfte das Ausmaß dieses Risikos teuer zu stehen kommen.
Für einige Anleger der von der IFF AG verkauften Grand Slam Beteiligungen hatte Rechtsanwalt Röhlke noch vor Turguts Verhaftung zivilgerichtliche Haftungsklagen eingereicht. „Hintergrund ist“, so Röhlke gegenüber GoMoPa.net, „dass Michael Turgut ein suggestives Gesprächsprotokoll aufgesetzt hatte, mit dem er seit mehreren Jahren eine Vielzahl von Kapitalanlagen vertrieben hatte. Dieses Gesprächsprotokoll blendet sämtliche Risiken der Kapitalanlagen konsequent aus, wiegt den Kunden in Sicherheit und führt ihn konsequent bis zur Unterschrift.“
Doch für die Grand Slam-Anleger besteht Hoffnung, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Anwalt Röhlke hat am 21. Februar 2012 am Oberlandesgericht Dresden einen Hinweisbeschluss erstritten, mit dem „ein ganz neues Kapitel in der unrühmlichen Grand Slam-Geschichte aufgeschlagen“ wird.
Bei künftigen Regress-Forderungen gegen die IFF AG-Vermittler kommt es gar nicht mehr darauf an, ob sie die Anleger selbständig beraten haben oder für die IFF AG. Das Oberlandesgericht Dresden stellte fest: Für den Vertrieb von Grand Slam hätten die Berater eine spezielle BaFin-Erlaubnis besitzen müssen, was bei den meisten Vertriebsmitarbeitern nicht der Fall war.
Anwalt Röhlke: „Nach diesem Hinweisbeschluss war der Vertrieb in der berüchtigten Grand Slam-Anlageerlaubnispflichtig gemäß Paragraph 32 Kreditwesengesetz (KWG). Wird eine Kapitalanlage ohne eine derartige Erlaubnis verkauft, handelt es sich um einen Verstoß gegen eine Schutzvorschrift zugunsten der Kapitalanleger, die eine Schadenersatzpflicht nach sich zieht. Für die geschädigten Anleger der Grand Slam-Verträge bedeutet das, dass der jeweilige Kapitalanlagenvermittler direkt in Anspruch genommen werden kann.“
Anleger, die Geld bei der Grand Slam-Beteiligung verloren haben, sollten jetzt noch einmal von einem spezialisierten Anwalt prüfen lassen, ob Ansprüche gegen den unmittelbar vor Ort tätigen Vermittler geltend gemacht werden können. „Nach dem Hinweis des Oberlandesgerichts Dresden bestehen hier gute Chancen, diesen persönlich in die Haftung zu bekommen“, meint Rechtsanwalt Röhlke. Sein Fazit: „Nunmehr scheint sich auch in Sachen Grand Slam die Rechtsprechung in eine günstige Richtung zu entwickeln.“
Christian-H. Röhlke, Rechtsanwalt
Der Verfasser ist für den Inhalt verantwortlich
Röhlke Rechtsanwälte haben ihre Kernkompetenz im Bereich des Kapitalanlagenrechts und der angrenzenden Gebiete des Zivilrechts, insbesondere im Handel- und Gesellschaftsrecht. Ergänzende Angaben der Kanzlei finden sie auf unserer Internetseite: www.kanzlei-roehlke.de
Kontakt:
Röhlke Rechtsanwälte
Herr Christian H. Röhlke
Kastanienallee 1
10435 Berlin
anwalt@kanzlei-roehlke.de
+49 30 715 206 71
http://www.kanzlei-roehlke.de