Fußball als Erfolgsrezept

Carl-Ulrich-Siedlung: Der Quartiersbetreuer der Nassauischen Heimstätte arbeitet effektiv / Reibungslose Kooperation zwischen dem Wohnungsunternehmen und den Jugendzentren der Stadt / Fußballprojekt für Jugendliche zeigt erste Erfolge / Dringend: Halle für die Winterzeit gesucht!

Offenbach (hds). – Manchmal genügen acht Stunden in der Woche, um in einem Viertel ein gutes soziales Miteinander nachhaltig zu sichern. Im Februar und März dieses Jahres kam das bisher gute nachbarschaftliche Verhältnis in der Carl-Ulrich-Siedlung im Offenbacher Stadtteil Lauterborn ins Wanken: herumliegender Müll, Ruhestörungen, lautes Fußballspielen in der Siedlung von manchmal bis zu 30 Jugendlichen irritierte so manchen Bewohner.
Doch dem Quartiersbetreuer der Nassauischen Heimstätte, Winfried „Winny“ Mylius (38), ist es in enger Zusammenarbeit mit dem Jugendamt der Stadt Offenbach erstaunlich schnell gelungen, für eine entspannte Situation zu sorgen. Dabei kam ihm seine Erfahrung zugute: Er hatte bereits als Honorarkraft für das Jugendzentrum gearbeitet und kannte eine Reihe der Jugendlichen aus dieser Zeit. „An zwei Tagen pro Woche“, so beschreibt er sein Erfolgsrezept, „sammle ich für vier bis fünf Stunden die Jugendlichen ein!“ Dann geht es ab auf die Bolzplätze der in der Nähe liegenden Schulen. Das Training zahlt sich aus: Bei einem Fußballturnier des Jugendzentrums Lauterborn mit 60 Kids gewann in diesem Sommer das Team aus der Carl-Ulrich-Siedlung den Wanderpokal der Nassauischen Heimstätte. „Das hat mich schon sehr stolz gemacht“, freut sich Mylius. Finanziert wird diese Initiative allein von der Nassauischen Heimstätte, Fördergelder werden hierfür nicht in Anspruch genommen.

Hallenplatz für den Winter dringend gesucht
Das Engagement des Quartierbetreuers scheint aber nicht nur bei Pokalspielen, sondern auch in der Carl-Ulrich-Siedlung Erfolg zu zeigen. „Die Gruppe ist selbständiger geworden und organisiert mittlerweile vieles selbst“, versichert Mylius. Jetzt komme es allerdings darauf an, den Kontakt über die kalte Jahreszeit nicht abreißen zu lassen. „Unser größtes Problem ist die fehlende Halle, in der wir im Winter unser Training an zwei Wochentagen fortführen können“, drängt der Betreuer. Alle Versuche bei der Stadt und bei Vereinen, eine witterungsunabhängige Trainingsmöglichkeit zu finden, seien bislang fehlgeschlagen.
„Es wäre schade, wenn dieses erfolgreiche Projekt an zwei Hallenterminen pro Woche scheitern würde, nachdem wir es gemeinsam so erfolgreich aufgebaut haben“, erklärt Projektleiter Sascha Langknecht aus dem Bereich Sozialmanagement der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt. Winny Mylius fügt hinzu: „Kontinuität ist wichtig. Wir können doch nicht sagen: Kommt im Frühjahr wieder, im Winter wissen wir nicht, wo wir mit euch trainieren sollen…“ Wenn sich keine geeignete Halle findet, müsse er sich für den Winter wohl etwas neues einfallen lassen, um im nächsten Frühjahr nicht wieder bei null anzufangen.

Soziales Gefüge im Quartier soll stabil bleiben
Damit wäre niemandem gedient. Denn die Siedlung hat sich durch die dauerhafte Arbeit mit den Jugendlichen wieder beruhigt: Bänke werden nicht mehr belagert, lautes und allzu wildes Fußballspielen ist vorbei. Die Nassauische Heimstätte/Wohnstadt nennt dort immerhin 536 Wohnungen ihr Eigen. „Für uns ist es entscheidend“, erläutert Langknecht, „dass vor Ort das soziale Gefüge erhalten bleibt. Deshalb investieren wir hier und unter anderem auch in der Hans-Böckler-Siedlung in Quartiersbetreuer mit Streetworker-Erfahrung – wie Winfried Mylius.“ Erstes Ziel sei es, den Jugendlichen eine Anlaufstelle und eine Perspektive zu bieten und sie in ihrer Freizeit zu beschäftigen.
Das Aufgabenspektrum eines Quartierbetreuers ist vielfältig: „Ich komme um 15 Uhr in die Siedlung, dann spreche ich erst einmal mit den Kids, die ich treffe“, erläutert Mylius. Viele kleine Sorgen lassen sich auf diesem Rundgang schon aus der Welt schaffen. „Da geht es um Probleme mit den Eltern, schlechte Noten in der Schule, eine Hausaufgabenhilfe, einen 400-Euro-Job…“ Bei komplexeren Aufgaben verweist er die Jugendlichen an das Jugendzentrum Falkenheim. Dort werde ab September, so verspricht Barbara Leissing (52), Leiterin der städtischen Jugendzentren Falkenheim und Lauterborn sowie des Kindertreffs Neusalzer Straße, erneut die „vertiefende Beratungsarbeit“ angeboten, die in einigen Fällen sicherlich nötig sei. Obendrein will das Jugendzentrum sich stärker mit der Siedlung vernetzen: Es werden wieder Kurse angeboten sowie ein Treff für die Älteren. Angestrebt ist auch, eine „feste Gruppe“ zu schaffen, die für die Jugendlichen wie eine Familie funktioniere. Quartiersbetreuer Winny wird auch seine Schützlinge auf diese neuen Angebote aufmerksam machen.

Anerkennung stärkt das Selbstwertgefühl
Fußball ist cool, jedenfalls in den Augen der Kids – mittlerweile gibt es sogar eine Liga im Straßenfußball. Das Wichtigste aber sei, so erläutert Winny Mylius, „dass das Spiel sehr viel bietet, was den jungen Leuten fehlt: Kontinuität, Ziele, Belohnung für Leistung, das Erlebnis im Team und Verantwortung für andere.“ Der „positive Kick“ entstehe natürlich zunächst durch den Wettkampf. Beinahe noch entscheidender aber sei die Anerkennung, die die Kids erfahren. „Winny, hast du gesehen, wie ich das Tor gemacht habe?“ tönt es über den Platz. Oder der Trainer lobt aktiv: „Hey, das war ein Superpass!“
„Jugendliche, die wissen, wo ihre Stärken liegen, haben es nicht nötig, sich wie ein wilder Löwe aufzuführen“, erläutert Sozialpädagogin Leissing. Deshalb sei es wichtig, viele unterschiedliche Angebote zu machen. Diese Erfahrung ist auch die Grundlage der Arbeit eines Quartiersbetreuers. „In jedem Jugendlichen steckt ein Talent, das sich mit der Zeit herauskristallisiert“, so die Beobachtung von Mylius. Neben Fußball stehen daher häufig auch andere Aktivitäten auf dem Programm – Schwimmen, Billard, Ausflüge, Kino, gemeinsam Kochen – all dies biete Chancen, verborgene Fähigkeiten zu entdecken. „Wenn wir den Jugendlichen helfen wollen, müssen wir ihre Persönlichkeit entwickeln.“
Wichtig sei dabei aber auch, so Mylius, dass die Ansprache kontinuierlich erfolgt. Die größte Angst der Kids bringt er so auf den Punkt: „Winny, wir wollen aber nicht, dass du bald weggehst.“ Den Mechanismus kennen viele leider schon: Ein Projekt laufe aus und die Jugendlichen seien wieder auf sich allein gestellt. Sascha Langknecht beruhigt. „Wir wollen das Viertel grundlegend stabilisieren – wir denken daher in mittel- bis langfristigen Perspektiven.“ Deshalb sei auch der Hallenplatz im Winter so wichtig, „denn der beharrlich aufgebaute Kontakt darf jetzt nicht abreißen!“

Maßnahmenpaket zur Erhaltung der Wohnqualität
Die Quartiersbetreuer in Offenbach seien, so erläutert Langknecht die Strategie, „eingebettet in ein ganzes Bündel von Projekten und Dienstleistungen der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt.“ Sie alle dienen dem Ziel, im jeweiligen Viertel das Wohnumfeld so zu gestalten, dass es für eine bunt gemischte Einwohnerschaft attraktiv ist und bleibt. Denn das sei, so Langknecht, „die Voraussetzung für einen stabiles Quartier.“ Die sozialen Maßnahmen des Wohnungsunternehmens – zum Teil in Eigeninitiative, zum Teil mit Partnern – hier und an anderer Stelle sind vielfältig: Beispielshaft genannt seien die „Kleinen Feger“ und die „Taschengeld-Projekte“, in denen Kinder und Jugendliche gegen ein adäquates Entgelt die Grünflächen sauber halten. Für Familien gibt es ebenfalls Angebote, außerdem spezielle Räume und – natürlich – Spielplätze. Nicht zuletzt bietet das von der Nassauischen Heimstätte finanzierte Wohn-Service-Team Haushaltshilfen aller Art an, mit deren Hilfe ältere Mieter länger selbstbestimmt in ihren Wohnungen verbleiben können. Sascha Langknecht: „Stabile Sozialkontakte und ein attraktives Wohnumfeld erhalten den Wert der Siedlungen. Sie nutzen uns als Wohnungsgesellschaft letztendlich genauso wie unseren Mietern.“

Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt
Die Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH, Frankfurt/Main, bietet seit 90 Jahren umfassende Dienstleistungen in den Bereichen Wohnen, Bauen und Entwickeln. Sie beschäftigt rund 660 Mitarbeiter. 2005 erwarb die Nassauische Heimstätte die Anteile des Landes Hessen an der Wohnstadt Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft Hessen mbH, Kassel. Durch den Zusammenschluss avancierte sie zu einem der führenden deutschen Wohnungsunternehmen: der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt mit 62.500 Mietwohnungen in 150 Städten und Gemeinden. Diese werden aktuell von rund 260 Mitarbeitern – in vier Regional- untergliedert in 13 Service-Centern – betreut. Aus der gestiegenen Nachfrage heraus entwickelte sich im folgenden Jahr die Marke „NH ProjektStadt“. Dort werden Kompetenzfelder gebündelt, um nachhaltige Stadt- und Projektentwicklungsaufgaben sowie Consulting-Aktivitäten im In- und Ausland durchzuführen.

Kontakt:
Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH
Jens Duffner
Schaumainkai 47
60596 Frankfurt am Main
069 6069-1321
jens.duffner@naheimst.de
http://www.naheimst.de