Mit der Ausstellung „Henri Cartier-Bresson. Die Geometrie des Augenblicks. Landschaften“ zeigt das Kunstmuseum Wolfsburg nach Brassaï, Lee Miller und Edward Steichen einen weiteren wegweisenden Exponenten in seiner Reihe großer Fotografen der Moderne.
„Fotografieren bedeutet Verstand, Auge und Herz auf eine Linie zu bringen. Es ist eine Art zu leben.“ (Henri Cartier-Bresson)
Henri Cartier-Bresson gilt als einer der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts; er war der Meister des Augenblicks und viele seiner Aufnahmen sind in die Geschichte der Fotografie als Meisterwerke eingegangen. Mit dieser Ausstellung zeigt das Kunstmuseum Wolfsburg nach Brassaï (2004), Lee Miller (2006) und Edward Steichen (2008) einen weiteren wegweisenden Exponenten in seiner Reihe großer Fotografen der Moderne. Die rund 100 Exponate für diese sehr persönliche Ausstellung hat Henri Cartier-Bresson, der 2004 verstarb, unter dem Titel „Paysages“ (Landschaften) zu Lebzeiten selbst ausgewählt. Seine Witwe Martine Franck, selbst Fotografin, hat zudem eine Gruppe von sieben seltenen Lithografien aus ihrem Privatbesitz exklusiv für diese Präsentation zur Verfügung gestellt.
Der 1908 in Chanteloup, östlich von Paris geborene Henri Cartier-Bresson wollte ursprünglich Maler werden, brach das Kunststudium jedoch bald wieder ab. Er arbeitete als Regieassistent, drehte selbst Dokumentarfilme und widmete sich ab 1930 ganz der Fotografie. Nach seiner Flucht aus deutscher Kriegsgefangenschaft schloss er sich der französischen Résistance an und gründete 1947 mit vier weiteren Kollegen die berühmte Photoagentur Magnum Photos.
Henri Cartier-Bresson verwendete auf seinen zahlreichen Reisen durch Europa, Mexiko, Indien, China, Indonesien, die USA und die damalige Sowjetunion eine unauffällige Leica-Sucherkamera. Auf diesen Reisen entstanden zwischen 1933 und 1999 die schwarz-weißen Landschaftsfotografien. Durch ihre große Schlichtheit und ihre präzise Komposition entfalten sie eine meditative Wirkung. Sie zeigen damit eindrucksvoll, wie stark Cartier-Bressons fotografische Tätigkeit von den Grundzügen fernöstlicher Philosophien inspiriert war. Mitte der sechziger Jahre schenkte ihm Georges Braque das Buch „Zen in der Kunst des Bogenschießens“ von Eugen Herrigel. Dieses Buch enthielt für Cartier-Bresson die Grundlagen der Ästhetik der Fotografie, besonders, weil es gelebte Erfahrung wiedergab, die sämtliche Aspekte menschlichen Lebens ins Spiel brachte. Es ist gleichermaßen die Aufzeichnung eines Lernprozesses, die Infragestellung seiner selbst, die Suche nach innerer Vollkommenheit und die Eroberung der Harmonie in der Welt. „Fotografieren heißt den Atem anhalten, wenn sich angesichts der flüchtigen Wirklichkeit alle unsere Fähigkeiten vereinen.“
Alle Abzüge von Cartier-Bresson sind von einem schwarzen Rand umgeben. Dieses Markenzeichen zeigt dem Betrachter, dass das Bild exakt dem Negativ entspricht. Der Fotograf verweist damit auf die Genauigkeit, mit der er vorgegangen ist. Das Bild war schon bei der Aufnahme im Kopf, wenn der Verschluss sich öffnete. In seinen Bildern ist alles vorhanden: das Licht und der Schatten, eine strenge Komposition, der goldene Schnitt, der Zufall. In dieser „Geometrie des Augenblicks“ komponierte er Flächen und Linien, Menschen und Situationen zu einer perfekten Ordnung.
Cartier-Bresson fotografierte stets diskret und mit großer Sensibilität. Dabei hat er die eigene Person immer zurückgestellt. Er gab nur selten Interviews und hasste es, fotografiert zu werden. Das Museum of Modern Art in New York plante 1947 sogar eine große, posthume Retrospektive in der Annahme, er sei tot. Cartier-Bresson reiste daraufhin in die USA. Die Ausstellung fand in seinem Beisein trotzdem statt. Solche Geschichten liebte der Franzose.
Ab 1973, auf dem Höhepunkt seines Ruhmes, gab Henri Cartier-Bresson die Fotografie auf und griff nur noch selten zur Kamera. Er kehrte zu seinen Wurzeln zurück und widmete sich wieder dem Zeichnen, vor allem Landschaften. Er selbst sah darin nur einen Wechsel des „Handwerks“, denn es geschah mit demselben Blick und dem Gespür für Formen und Geometrie. Das Fotografieren war für ihn eine unmittelbare Tat, das Zeichnen bedeutete jedoch eine Art von Meditation.
Sam Szafran, ein befreundeter Maler, sagte einst zu Cartier-Bresson:
„Um schnell gehen zu können, muss man sehr langsam gehen. Man muss beobachten, schauen wie die Dinge geschehen, sie verstehen, sie fühlen, sonst gerät man in Gefahr…“
In diesem Sinne bildet die Ausstellung „Die Geometrie des Augenblicks“, die in Kooperation mit der Photoagentur Magnum Photos, Paris und der Fondation HCB, Paris ermöglicht wurde, eine harmonische Ergänzung zu der großen thematischen Ausstellung „Die Kunst der Entschleunigung. Bewegung und Ruhe in der Kunst von Caspar David Friedrich bis Ai Weiwei“, die ab dem 12. November 2011 parallel im Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen sein wird.
Die Ausstellung von Henri Cartier-Bresson ist vom 03.09.2011 bis zum 13.05.2012 zu sehen. Die Eröffnung findet am 02.09.2011 um 19 Uhr statt.
Die Medienkonferenz ist am 01.09.2011 um 11.15 Uhr. Medienvertreter können sich unter nschuetze@kunstmuseum-wolfsburg.de akkreditieren.
Das Kunstmuseum Wolfsburg wurde im Jahr 1994 eröffnet und kann bereits heute auf eine einzigartige Geschichte mit einer Vielzahl maßgeblicher Ausstellungen und Veranstaltungen zurückblicken. Es ist in kurzer Zeit gelungen, das Haus regional zu verankern und gleichzeitig international Beachtung zu finden. Das Museum ist der Kunst aus Gegenwart und Moderne gewidmet und es vereint die verschiedensten Medien, angefangen von Malerei, über Skulpturen und Fotografie, Video und neue Medien bis zu Mode und Design. Das imposante, modernistische Gebäude im Zentrum der Stadt gelegen, präsentiert auf 3500 qm Ausstellungsfläche sowohl wechselnde Ausstellungen als auch Werke aus der Sammlung.
Kontakt:
Kunstmuseum Wolfsburg
Rita Werneyer
Hollerplatz 1
38440 Wolfsburg
media@kunstmuseum-wolfsburg.de
05361266969
http://www.kunstmuseum-wolfsburg.de