Finnischer Notenbankchef besorgt über Konjunkturentwicklung im Euro-Raum

Der finnische Notenbankchef Erkki Liikanen hat sich besorgt über die Konjunkturentwicklung im Euro-Raum geäußert. „Es gibt eine Reihe von Hinweisen darauf, dass die Konjunktur schwächer wird, nicht nur in den verschuldeten Staaten im Süden, sondern auch im Rest des Euro-Raums“, sagte Liikanen der „Welt am Sonntag“. „Die konjunkturelle Entwicklung bereitet uns Sorgen.“

Von den Herausforderungen infolge der Schuldenkrise sei derzeit niemand ausgenommen, sagte das finnische EZB-Ratsmitglied weiter: „Auch nicht die deutsche Wirtschaft“. Zufrieden äußerte sich Liikanen über die Entwicklung an den Finanzmärkten, seit die EZB ihr umstrittenes Programm zum Ankauf von Staatsanleihen (OMT) angekündigt hat. „Es ist definitiv ein gutes Zeichen, dass sich die Finanzmärkte seit dem Sommer stabilisiert haben. Die Unterschiede bei den Finanzierungskosten in einzelnen Euro-Ländern sind geringer geworden.“ Sorgen, dass OMT eine Staatsfinanzierung durch die Hintertür ermöglichen könnte, wies der finnische Notenbanker zurück. „Der EU-Vertrag verbietet monetäre Staatsfinanzierung, und der EZB-Rat wird sich an die Verträge halten“, so Liikanen. „Wir entscheiden unabhängig, wann und ob wir eingreifen. Es gibt da keinen Automatismus.“ Indirekt kritisierte Liikanen dabei auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der als einziger im Rat gegen OMT votiert hatte und das Programm auch öffentlich kritisiert. „Wenn ich Mitglied eines Gremiums bin, dann muss ich mich den Regeln dieses Gremiums beugen. Auch wenn das manchmal nicht leicht ist“, sagte Liikanen. „Im Rat diskutieren wir kontrovers, und dort versuche ich, meinen Einfluss geltend zu machen. Aber ich kann nicht erwarten, dass alle stets dem zustimmen, was ich vorschlage. Und wenn wir uns entschieden haben, verteidige ich diese gemeinsame Entscheidung. So arbeitet der Rat eben.“ Die Regierungen der Krisenländer rief Liikanen dazu auf, ihre Reformanstrengungen zu intensivieren. „Wir sollten uns definitiv nicht mit sanften Reformen begnügen“, sagte er. Wer seinen Anpassungsprozess schnell vollziehe, der könne auch schnell wieder aufsteigen. „Meine Meinung ist: Bloß nicht denken, dass das Problem von allein vorüber geht, sondern schnell handeln.“ Nationale Verantwortung lasse sich nicht auf andere abwälzen, schon gar nicht auf die EZB, sagte Liikanen weiter. „Wenn jemand sagt: Mehr Europa ist die Lösung, dann antworte ich: Wir brauchen mehr nationale Verantwortung, und dann mehr Europa.“