Nationalpark und Biosphärenreservat müssen dringend auf das Meer erweitert werden
Berlin, La Gomera, 10. September 2012: Die schweren Waldbrände auf La Gomera waren eine Ka-tastrophe für die Menschen auf der kleinen Kanareninsel. Und für die Natur, denn ein wesentlicher Teil des einzigartigen Nationalparks Garajonay ist abgebrannt. Dieser Nationalpark steht als UNESCO Weltnaturerbe unter höchstem Schutz. Nur Wenige wissen, dass auch das Meer vor der Insel einzigartig ist: Hier findet sich die größte Vielfalt an Walen und Delfinen in Europa. Doch während die Natur der Kanaren an Land gut geschützt ist, sieht es im Meer ganz anders aus. Überfischung, Schnellfähren und zunehmendes Whale Watching machen den Tieren das Leben schwer. Nun schlagen Umweltschützer ein spezielles Walschutzgebiet vor.
Das Meer vor La Gomera beherbergt die höchste bekannte Artenvielfalt an Delfinen und Walen in Europa. Das ergaben die Forschungen, die der Berliner Verein M.E.E.R. seit über 15 Jahren vor der kleinen Kanareninsel betreibt. Von insgesamt 29 Arten im gesamten Kanaren-Archipel konnten allein 23 vor La Gomera nachgewiesen werden. Vom kleinen Zügeldelfin bis zum riesigen Blauwal, vom Schnabel- bis zum Grindwal ist alles vertreten, was das Herz eines Walfreundes höher schlagen lässt. Dieser Reichtum im Meer zieht auch immer mehr Touristen an. So wurde Teneriffa inzwischen zu einer Hochburg für massenhaftes Whale Watching. Täglich fahren hier zig Boote hinaus zu den Tieren, was nicht selten zu Störungen führt. ?Solch eine Situation wollen wir auf Gomera unbedingt vermeiden, deswegen verfolgen wir seit vielen Jahren zusammen mit unserem Partner OCEANO Whale Watching den Ansatz der sanften Walbeobachtung. Dazu gehören auch Forschung und Aufklärungsarbeit? sagt Fabian Ritter, Vorsitzender des M.E.E.R. e.V. ?Öffentliche Bildung und das Wissen um die Ökologie der Tiere spielen eine wichtige Rolle, wenn es um ihren Schutz geht.?
Der Verein legte jetzt einen wissenschaftlichen Bericht vor, der das Modell eines speziellen Schutz-gebietes entwirft, in dem Whale Watching nachhaltig betrieben wird und auch alle anderen Nutzungen ? Fischerei, Schiffsverkehr, Ausbau der Küste, etc. ? dem Vorsorgeprinzip gerecht werden. Auf Grundlage der Erkenntnisse über die Biologie von Walen und Delfinen liefert der Bericht ein umfassendes Konzept für erfolgreichen Meeresschutz. ?Die Voraussetzungen La Gomeras für die Einrichtung eines marinen Schutzgebietes für Meeressäuger sind gut. Die Insel wurde erst kürzlich zum Biosphärenreservat erklärt, aber dieses erstreckt sich nur an Land. Zwar sind Große Tümmler im Süden der Insel per EU-Gesetzgebung bereits geschützt. Doch weder geht das weit genug, noch gibt es bisher geeignete Maßnahmen, die den Schutz untermauern?, erläutert Ritter. ?Was wir brauchen, ist integrativer Schutz bei effektiver Regulierung aller Nutzungsformen. Wir wollen mit unserem Bericht Wege aufzeigen, wie man Delfine und Wale nachhaltig nutzen und gleichzeitig ein Einkommen erwirtschaften kann – ohne dabei die Tiere in ihrem Lebensrhythmus zu stören. Wir plädieren letztlich für einen verantwortungsvollen Umgang mit einer ?Naturressource?, so wie das mit dem Nationalpark an Land bereits geschieht?.
Kernstück des Berichtes sind die spezifischen Empfehlungen. Sie zielen ab auf den Schutz des gesamten marinen Ökosystems vor La Gomera, inklusive aller Delfin- und Walarten. Dazu gehören z.B. Maßnahmen wie die Begrenzung von Bootszahlen und Anbietern, effektive Überwachung, nachhaltige Fischerei und Geschwindigkeitsbegrenzungen für den Schiffsverkehr. Der Bericht wurde kürzlich beim Treffen der Internationalen Walfang Kommission (IWC) in Panama vorgestellt und als ?wichtiges Dokument? gelobt. Zeitgleich wurde er den zuständigen Behörden der spanischen Regierung in Madrid und auf den Kanaren vorgelegt.
Die Handlungsempfehlungen beschränken sich nicht auf La Gomera bzw. die Kanaren, sondern sind auch für die Einrichtung von Meeresschutzgebieten in Europa und weltweit relevant. Denn auch in-ternational besteht dringender Bedarf an der Regulierung des Whale Watching-Tourismus.
?Schließlich ist kein Walbeobachter daran interessiert, den Tieren auf die Nerven zu gehen?, sagt Meeresbiologe Fabian Ritter. ?Unsere Erfahrung zeigt ohnehin, dass die schönsten Begegnungen mit Walen und Delfinen immer dann passieren, wenn man den Tieren den größten Respekt entgegenbringt und sie mit ihrer Neugier und Verspieltheit die Situation bestimmen können. Und diesen Raum sollten wir ihnen unbedingt lassen, denn schließlich sind wir auf dem Meer die Gäste?.
Kontakt:
M.E.E.R. e.V.
Fabian Ritter
Bundesallee 123
12161 Berlin
030-644 97 230
info@m-e-e-r.de
www.m-e-e-r.org