Nach Einschätzung des Finanzexperten der FDP-Bundestagsfraktion, Frank Schäffler, widerspricht der Vertrag zur Einrichtung des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM zentralen Beschlüssen der Liberalen. Seine Vorbehalte macht Schäffler in einem „Handelsblatt“-Online vorliegenden Brief an den FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler deutlich. „Mit Fiskalunion und ESM gehen wir den Weg in eine dauerhafte und unbegrenzte Haftungsgemeinschaft. Diese wird am Ende Europa nicht stabilisieren, sondern gründlich zerstören“, schreibt Schäffler und fordert von Rösler aus diesem Grund, das weitere Vorgehen im FDP-Bundesvorstand und in der Fraktion darzulegen.
„Ich bitte auch darum darzustellen, wie wir mit dem Fehlen von marktwirtschaftlichen Prinzipien im ESM umgehen werden“, schreibt der liberale Finanzexperte weiter. „Schließlich bitte ich um das Aufzeigen von Wegen, wie die Beschlusslage der FDP umgesetzt wird, obwohl der ESM-Vertrag ja bereits am 2. Februar in Brüssel von den Botschaftern der Länder des Euro-Raums unterzeichnet worden ist.“ Konkret bemängelt Schäffler unter anderem, dass der ESM-Vertrag, anders als vom Rostocker Parteitag gefordert, kein „transparentes Verfahren“ enthält, um alle Gläubiger einzubeziehen. Der ESM sehe zudem keine „klaren Regeln für eine geordnete Staateninsolvenz“ vor, und es würden private Gläubiger nicht „grundsätzlich an allen Hilfsmaßnahmen“ beteiligt. Kritisch sieht der FDP-Experte auch, dass Staatsanleihenkäufe auf dem Sekundärmarkt „expliziter fester Bestandteil der ESM-Instrumente“ seien und die Feststellung der Schuldentragfähigkeit „nicht zwingend“ gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) erfolge, sondern nur wenn dies „angemessen und möglich“ sei. Vor diesem Hintergrund unterstreicht Schäffler, dass Privatgläubigerbeteiligung und Staateninsolvenz für die FDP „unverzichtbar“ seien. „Wir haben sie aus gutem Grund für den ESM gefordert. Sie entsprechen unserem liberalen Markenkern, weil sie notwendige Elemente der marktwirtschaftlichen Ordnung sind.“ Die im ESM-Vertrag verankerten Umschuldungsklauseln für alle ab dem 1. Januar 2013 emittierten Staatsanleihen mit Laufzeiten von länger als einem Jahr hält Schäffler für ein untaugliches Mittel, um Privatgläubiger an der Euro-Rettung zu beteiligen. „Mit Umschuldungsklauseln wird eine Privatgläubigerbeteiligung im Einzelfall zwar erleichtert, doch nicht zwingend als Regel eingeführt“, schreibt er. Ohne „zwingende“ Privatgläubigerbeteiligung werde jedoch bewirkt, dass „vorrangig und an erster Stelle Staatshilfen gewährt“ würden. „Die Haftung der Privatgläubiger, zu denen diese sich vertraglich verpflichtet haben, wird so ins zweite Glied gerückt und nur ausnahmsweise greifen“, kritisiert Schäffler.