Die MAN Nutzfahrzeuge Gruppe mit Sitz in München ist das größte Unternehmen innerhalb der MAN Gruppe und einer der führenden internationalen Anbieter von Nutzfahrzeugen und Transportlösungen. Im Geschäftsjahr 2009 erzielte das Unternehmen mit rund 31.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Umsatz von 6,4 Milliarden Euro und setzte mehr als 40.500 Lastkraftwagen sowie über 6.200 Busse und Busfahrgestelle der Marken MAN und NEOPLAN ab. Die MAN-Unternehmenswerte „‚zuverlässig, innovativ, dynamisch, offen“ spiegeln sich beispielsweise im Einsatz fortschrittlicher Technologien und der Produktion hochwertiger Produkte wider.
Am Standort München werden schwere LKW von 18 bis 44 Tonnen produziert. Wie in der Automobilindustrie üblich, werden vor Beginn des serienmäßigen Fertigungsbetriebs nahezu alle Interieurs- und Exterieurs-Teile einer Erstbemusterung unterzogen. Folglich werden sowohl Zulieferteile als auch die erstmals unter realistischen Bedingungen einer Serienproduktion gefertigten Karosserieteile hinsichtlich der geforderten Qualitätsmerkmale überprüft. Eventuelle Abweichungen können somit frühzeitig erkannt und behoben werden.
Geprüft werden u.a. Frontscheiben von LKWs und Bussen in unterschiedlichen Maßen, die sehr detailierten Qualitäts-Checks unterzogen werden. Es werden dabei besondere Genauigkeitsanforderungen an die Frontauflagen gestellt. Da das Einsetzen der Scheiben am Fahrzeug über ein automatisiertes Klebeverfahren erfolgt, müssen die Randauflagen der Frontscheiben höchsten Präzisionsanforderungen entsprechen. Abweichungen könnten zum Ablösen der Scheiben und zu Undichtigkeiten führen. Die Scheiben werden deshalb in der Startphase eines neuen Fahrzeugs einer 100-Prozent-Prüfung unterzogen. Später folgen statistische Stichprobenmessungen. Ebenso werden Welligkeit, Beschnitt und Querbiegung detailierten Analysen unterzogen, da bereits geringste Abweichungen die Funktionsweise der Scheibenwischer beeinträchtigen würden.
Die bisherige Vorgehensweise, jede einzelne Scheibe mit diversen Hilfsmitteln in Einbaulage für den Messvorgang aufzunehmen, wurde den steigenden Qualitätsanforderungen nicht mehr gerecht. Durch reproduzierbare, wiederholgenaue Messungen sollen nun etwaige Messunsicherheiten frühzeitig ausgeschlossen werden. Das kann nur mit einer hochgenauen Messvorrichtung erfolgen, die das Bauteil bei Wiederholmessungen exakt in derselben Lage und Position aufnimmt.
Da für die Fahrzeuge mehrere unterschiedliche Frontscheiben-Typen verwendet werden, war die Anfertigung einer individuellen Vorrichtung je Modell aus Kosten- und Platzgründen nicht sinnvoll. Für die dimensionelle Prüfung der fragilen Bauteile sollte eine Haltevorrichtung erstellt werden, die einerseits für unterschiedliche Scheiben-Arten eingesetzt werden kann und andererseits den wachsenden Retooling-Ansprüchen Rechnung trägt.
Die Umsetzung dieser Forderungen war nur mit einem modularen und flexibel veränderbaren Vorrichtungssystem möglich. Das System musste darüber hinaus auch hinsichtlich Präzision und Stabilität zur Prüfung der Frontscheiben geeignet sein und ein leichtes Fixieren der empfindlichen Werkstücke ermöglichen.
Das modulare Vorrichtungssystem Alufix von Witte Bleckede erwies sich hierbei am zweckmäßigsten, da es aufgrund seiner Teilevielfalt und flexiblen Einsatzmöglichkeiten der Einzelkomponenten vielfältige Montagevarianten ermöglicht. Die durchgehenden Rasterbohrungen der Alufix-Quader gewähren durch eine spezielle Verbindungstechnik unterschiedliche Anordnungsmöglichkeiten. Da die Alufix-Komponenten aus hochfestem Flugzeugaluminium gefertigt werden, sind die erstellten Vorrichtungen nicht nur stabil sondern haben auch ein relativ geringes Gewicht.Auch Stabilität und Gewicht waren für MAN wichtige Faktoren, da die Vorrichtung mittels Hebewerkzeug auf eine Koordinatenmessmaschine gehoben werden muss. Aufgrund des relativ geringen Gewichtes der Alufix-Vorrichtung (im Vergleich zu Stahl) konnte die vorhandene Hebetechnik genutzt werden, so dass zum Heben und Transportieren der Vorrichtung keine Erweiterung der Infrastruktur erforderlich war.
Es wurde eine Alufix-Messvorrichtung im Raster 50 Millimeter (Abstand zwischen den Bohrungsmittelpunkten) erstellt, die auf einer entsprechenden Rastergrundplatte montiert wurde. Zur weiteren Gewichtsreduzierung wurden Alufix-Light-Quader gewählt. Im Gegensatz zu den meisten Alufix-Komponenten werden Light-Quader nicht aus dem Vollen gefräst, sondern aus extrudierten Profilen gefertigt.
Auf der erstellten Vorrichtung, die zu 80 Prozent aus wiederverwendbaren Alufix-Standardkomponenten erstellt wurde, können bis zu sechs unterschiedliche LKW-Frontscheiben reproduzierbar in Einbaulage gehalten werden. Durch den Austausch einiger Elemente/Adaptionen wird die Vorrichtung von den MAN-Messtechnikern für das jeweilige Frontscheiben-Modell ‚umgerüstet‘. „Die Adaptionen werden mit ein paar Handgriffen ausgetauscht. Das ist eine Sache von wenigen Minuten“, erklärt Dieter Fuidl, Teamleiter Messtechnik Vorserie bei MAN. Durch ein Farbensystem sind die zusammen gehörenden Adaptionen leicht zu identifizieren. Das heißt, für Scheibe A sind z.B. alle roten Adaptionen zu verwenden. Ein versehentliches Vertauschen einzelner Elemente ist aufgrund dieser farblichen Markierung weitestgehend ausgeschlossen. Zur schonenden Auflage werden die empfindlichen Frontscheiben auf gefräste Kunststoffklötze aufgelegt. Diese Klötze werden durch Absteckmöglichkeiten auf das jeweilige Werkstück eingestellt.
Der Clou dieser Multi-Scheibenvorrichtung ist die Verwendung von Schnellwechselkupplungen. Für den Umbau der Vorrichtung müssen lediglich die Schnellwechselkupplungen, an denen sich die jeweiligen farblich markierten Adaptionen befinden, ausgetauscht werden. Die betreffenden Komponenten werden über die Farbgebung schnell identifiziert. Durch Betätigung des Hebels werden die Anlagepunkte selbstzentrierend gespannt. Diese Vorgehensweise spart Zeit, reduziert Fehlerpotential und macht die gesamte Handhabung wesentlich komfortabler. Bei herkömmlichen Ausführungen erfolgt der Austausch der Adaptionen häufig per Schraubmontage. Hierbei werden die Adaptionen über Rasterbohrungen und Verbindungselemente montiert. Diese Vorgehensweise ist zwar ebenso genau und zuverlässig aber zeitintensiver; es müssen mehrere Einzelteile verbunden werden.Bei MAN wird die Frontscheiben-Vorrichtung durch zwei Schnellwechselkupplungen um einen Sonnenblendenaufsatz erweitert. Die Zusatzvorrichtung wird mit wenigen Handgriffen auf die Hauptvorrichtung gesetzt und durch Betätigung der Hebel der Schnellwechselkupplungen fixiert. „Aufgrund der Fragilität darf während des Messens keine Spannung bzw kein Druck auf die Scheiben ausgeübt werden. Unsere Werkstücke dürfen nicht gespannt, in Zwangslage, sondern müssen sicher gehalten werden“, erläutert Dieter Fuidl.
Die Modularität des Alufix-Systems erlaubt auch nachträgliche Änderungen, so dass bereits fertige Vorrichtungen jederzeit variiert und erweitert werden können. „Dem Anwender wird damit ein Höchstmaß an Flexibilität gewährt. Plötzliche Planungsänderungen können umgehend adaptiert werden“ erklärt Thomas Späth (Witte Sales Engineer), der das Projekt betreut hat.
Das Baukastenprinzip des Alufix-Systems eröffnet vielfältige Retooling-Möglichkeiten. Das für die Frontscheiben-Vorrichtung verwendete Alufix-Material kann zu einem späteren Zeitpunkt für weitere Anwendungen verwendet werden. Da die Alufix-Komponenten sehr verschleißarm sind, können sie zeitlich nahezu unbegrenzt verwendet werden.
Maren Röding, Presse PR