Michael Gabriel, Koordinationsstelle Fanprojekte (Kos), die 51 lokale Fanprojekte in Deutschland begleitet, kritisiert unmittelbar vor der neuen Bundesliga-Saison die neuen Schritte gegen randalierende Fans. Viele der von den Innenministern, den Fußballverbänden und Profiklubs angedachten Neuerungen seien „populistische Nebelkerzen, die nicht helfen, das Problem zu lösen“, sagte Gabriel in einem Interview mit der Onlineausgabe der „Süddeutschen Zeitung“. Durch die neuen Vorschläge der Innenminister, wie man gegen die Randalierer unter den Fußballfans vorgehen solle, hätten sich die Fronten zwischen Fans auf der einen und Vereinen, Verbänden, Polizei und Politik weiter verhärtet.
„Die Debatte ist voll auf Konfrontation ausgerichtet. Viele meiner Kollegen, die an der Basis arbeiten, sorgen sich, dass der Streit eskaliert.“ Nach einigen Ausschreitungen in der vergangenen Saison griffen die Innenminister der Bundesländer sowie der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich in die Debatte ein. So sollen die Stadionverbote für Fans besser durchgesetzt und von drei auf zehn Jahre verlängert werden, die Videoüberwachung optimiert und der Sicherheitsdienst geschult werden. Gabriel kritisiert, dass die debattierten Maßnahmen an der Problemlage vorbeiführten: „Vieles sind populistische Nebelkerzen, die nicht helfen, das Problem zu lösen.“ Zudem würde innerhalb der Fanszene die Drohung, bald die Stehplätze in den Stadien abzubauen als Generalangriff empfunden. „Unter den Fans glauben viele, das Ende ihrer Fankultur ist nah. Die radikalen innerhalb der Ultras haben aktuell wohl Oberwasser im Sinne von: `Wenn wir schon untergehen, dann aber mit fliegenden Fahnen`“, berichtet Gabriel. Er kritisierte auch Teile der Fußballfans: „Was Sorgen bereiten muss, ist die gestiegene Bereitschaft, dem eigenen Verein zu schaden.“ Das gründe auf einer Selbstüberhöhung in Teilen der Fanszene, insbesondere bei den Ultras, die sich selbst als Mittelpunkt des Vereins sehen. Gabriel ist seit 20 Jahren in der Fanarbeit tätig und leitet seit 2006 die vom Deutschen Fußball-Bund und vom Familienministerium finanzierte Kos.