Einblicke in Struktur und Organisation der Geheimdienste ISI und R&AW
ISI und R&AW – Die Geheimdienste Pakistans und Indiens
Im Rahmen einer vom Gesprächskreis Nachrichtendienste (GKND) und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) durchgeführten Vortrags- und Diskussionsveranstaltung in Berlin mit dem Thema „Pakistan im Sommer 2011“ hat der Experte für Geheimdienste in Südasien, Dr. Hein G. Kiessling, über die Ergebnisse seiner aktuellen politischen Studienreise referiert. Dabei wurde gleichzeitig sein heute erschienenes Buch „ISI und R&AW – Die Geheimdienste Pakistans und Indiens“ dem Fachpublikum vorgestellt, wie der Berliner Wissenschaftsverlag Dr. Köster (http://www.verlag-koester.de) mitteilt.
Operation Geronimo und ihre Folgen für die Sicherheitslage in Südasien
„Die Abbottabad-Operation der Amerikaner wurde, auch wenn aus Washington und Islamabad offiziell anderslautende Erklärungen kommen, mit größter Wahrscheinlichkeit nach vorherigen Absprachen mit der ISI-Führung durchgeführt. Der reibungslose Ablauf der Operation ist ansonsten nicht vorstellbar. Die im Zusammenhang mit der erfolgreichen Geronimo-Operation wieder aufgekommene Frage nach der Sicherheit der pakistanischen Atomwaffen, stellt sich daher in diesem Zusammenhang nicht“, leitet Dr. Kiessling aus der straffen Organisation des pakistanischen Geheimdienstes Inter-Services Intelligence (ISI) ab.
Ist mit weiteren Interventionen der USA zu rechnen? „Weitere US-Operationen dieser Art sind unwahrscheinlich, wenngleich nicht ganz auszuschließen. Sie dürften dann eher der neuen Nummer eins von al-Qaeda, dem Ägypter Ayman al-Zawahiri gelten, als der Taliban-Ikone Mullah Omar. Ein Ergreifen von Mullah Omar durch ein amerikanisches Kommando würde sich kontraproduktiv auf die angelaufenen Bemühungen auswirken, mit den afghanischen Taliban ins Gespräch zu kommen“, beurteilt der Experte die aktuelle Lage.
Explosive Stimmung in Südasien
Die Anschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania 1998 und die Ereignisse vom 11. September 2011 mit dem nachfolgenden Krieg in Afghanistan hatten deutlich gemacht, dass im Hindukusch die Wiege eines neuen, internationalen Terrorismus stand. Der Schock der nuklearen Tests in Indien und Pakistan im Jahr 1998 sowie die anhaltende feindselige Atmosphäre zwischen den zwei hochgerüsteten Militärmächten trugen zusätzlich dazu bei, der Welt die Konflikte in der Region Südasien ins Bewusstsein zu bringen. Die bis dahin geltende Politik der Non-Proliferation, die Nichtverbreitung waffentauglicher Nukleartechnik, war gescheitert. Die internationale Sicherheitspolitik musste sich mit den neuen atomaren Gegebenheiten in Südasien auseinandersetzen.
Pakistans Geheimdienst operiert außerhalb parlamentarischer Kontrolle
In diesem Zusammenhang geriet der pakistanische Geheimdienst ISI in den Fokus weltweiten Interesses. Der Beitritt Pakistans zur Allianz gegen den Terror, die Weitergabe von Nukleartechnik an Libyen, den Iran und Nordkorea durch den pakistanischen Atom-Guru A. Q. Khan und die Rückkehr der Taliban nach Afghanistan ab 2004 trugen zu dieser Entwicklung bei. Der ISI konnte sich zeitweise vor Anfragen anderer Dienste und Stellen kaum retten. Seine Verstrickungen in Afghanistan, Kaschmir und der übrigen Region wurden in Umrissen sichtbar. Trotzdem gelang und gelingt es dem ISI, seine Strukturen, Ziele und Operationen weiterhin weitgehend im Dunkeln zu halten.
„Der ISI stand, wie auch der indische Geheimdienst R&AW, bisher außerhalb jeglicher parlamentarischer Kontrolle. Die am 13. Mai 2011 als Folge der Ereignisse von Abbottabad hinter geschlossenen Türen stattgefundene Sitzung des pakistanischen Gesamtparlaments stellt ein Novum in der Geschichte des ISI dar. Erstmals musste mit Generalleutnant Ahmad Shuja Pasha ein ISI-Chef den Abgeordneten über Stunden Rede und Antwort stehen“, erklärt der Autor.
Einzigartige Fakten und Einblicke zum ISI Pakistans
„Der ISI ist ein von Militärs geführter, kontrollierter, straff organisierter und hoch effektiver Nachrichtendienst. Einzelne Zellen, die innerhalb des Dienstes eine eigene Agenda verfolgen – einen ISI innerhalb des ISI – gibt es, entgegen vielfachen Behauptungen, nicht“, stellt der Autor klar.
Dr. Hein G. Kiessling beschreibt in seinem Buch die Geschichte des ISI, seine Entstehung und Entwicklung, zeigt seine Strukturen und Aufgaben auf und versucht, Licht in die Operationen und Verstrickungen des Legenden umwobenen Geheimdienstes zu bringen. Da der ISI, im Gegensatz zum indischen Geheimdienst R&AW, de facto auch als Inlandsnachrichtendienst arbeitet, geht das Buch auch auf die politische Entwicklung in Pakistan selbst genauer ein.
Indischer Geheimdienst R&AW schottet sich ab
Der indische Auslandsnachrichtendienst R&AW (Research& Analysis Wing) ist ebenfalls in der gesamten Region Südasiens tätig, gerät bisher aber selten auf die mediale Agenda. Der Grund hierfür sind nicht fehlende Aktivitäten, sondern eine gelungene Abschottung gegenüber der Presse und eine gekonnte Verschleierung seiner Strukturen, Ziele und Operationen.
Die lange Freundschaft Neu-Delhis mit Moskau hat erkennbar auf diesen indischen Auslandsgeheimdienst abgefärbt: R&AW ähnelt in seinem Erscheinungsbild eher dem KGB der Sowjetzeit, als heutigen westlichen Nachrichtendiensten. Neben seiner Aufklärungs- und operativen Arbeit in Ländern der Region assistiert R&AW bei der Unterdrückung politischer Unruhen im indischen Teil Kaschmirs und der Abwehr von Terrorakten, Falschgeld-, Waffen- und Rauschgiftschmuggel in Indien selbst. Die technische Aufklärung („TECHINT“) gilt als Stärke von R&AW. Die Mitarbeiter werden zur Hälfte über ein spezielles Einstellungsverfahren direkt eingestellt, zur Hälfte kommen sie aus dem indischen Polizei- und Verwaltungsdienst.
Kritiker geben R&AW eine Mitschuld an der erfolgreichen Landung eines pakistanischen Terrorkommandos in Mumbai am 26. November 2008. Kiessling dazu: „Mangelnde Kooperation zwischen den Nachrichtendiensten des Landes war einer der Gründe für die erfolgreiche Landung des pakistanischen Terrorkommandos. Auch R&AW geriet so landesweit in die Kritik. Die Regierung in Neu-Delhi beschloss in der Folge eine Neuordnung in Teilen des indischen Sicherheitsszenarios, die inzwischen eingeleitet wurde und bis Ende 2011 abgeschlossen sein soll.“
Autor: Dr. Hein G. Kiessling, Politologe und Historiker (LMU München), lebte vier Jahre in Quetta/ Balochistan und neun Jahre in der Hauptstadt Islamabad. Als Repräsentant einer deutschen politischen Stiftung hatte er gute Kontakte zu einem Teil der politischen und militärischen Eliten des Landes.
In seinem von Sicherheitsexperten erwarteten Buch stützt sich der Autor auf die Beobachtungen und Erfahrungen seines Arbeitsaufenthalts von 1989 bis 2002 in Pakistan. Reisen nach Indien, China und Zentralasien sowie in die übrigen Länder der Region mit Kontakten zu dortigen Eliten halfen ihm, das gewonnene Wissen zu vertiefen.
Für seine Arbeit in Pakistan wurde Dr. Kiessling im Jahre 2002 das Bundesverdienstkreuz verliehen. Um seine Kontakte und Freundschaften zu pflegen, unternahm der Autor ab 2003 zweimal pro Jahr mehrwöchige Reisen nach Indien und Pakistan, die letzte im März/April 2011.
Buch: „ISI und R&AW – Die Geheimdienste Pakistans und Indiens – Konkurrierende Atommächte, ihre Politik und der internationale Terrorismus“ (http://www.verlag-koester.de/buch.php?id=744), Autor: Hein G. Kiessling, Jahr: 2011, Seiten: 420, 29,80EUR, ISBN 978-3-89574-770-0
6.208 Zeichen (ohne Leerzeichen). Abdruck honorarfrei – um ein Belegexemplar bzw. Link wird gebeten. Interviews mit dem Autor sind auf Anfrage über den Verlag möglich.
Über den Verlag Dr. Köster
Der Verlag Dr. Köster (http://www.verlag-koester.de) wurde 1994 von Dr. Hans-Joachim Köster in Berlin gegründet und veröffentlicht wissenschaftliche Schriften. Verlagsschwerpunkte sind unter anderem die renommierten Buchreihen zur Sicherheitspolitik, Zeitgeschichte und zu Geheimen Nachrichtendiensten. Neben militärhistorischen Themen stehen Fragen der internationalen Sicherheit im Mittelpunkt.
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