Trotz Kenntnis von geplanten Baumaßnahmen bei Vertragsschluss hat der Mieter ein Minderungsrecht, wenn ihm die besondere Intensität der später durchgeführten Baumaßnahmen nicht bekannt war.
Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
In dem vom Kammergericht Berlin entschiedenen Fall (Kammergericht, Urteil vom 12.11.2007, Az. 8 U 194/06) war dem Mieter bereits bei Anmietung der Mietsache bekannt, dass in der Straße, in der die Mieträume lagen, eine U-Bahn gebaut werden sollte. Später waren die Bauarbeiten aber so intensiv, dass die gesamte Straße gesperrt wurde, so dass ein ungehinderter Zugang zu den Mieträumen wegen dort aufgestellter Baucontainer nicht mehr möglich war. Der Mieter war auf Kundenverkehr angewiesen, der aufgrund der Bauarbeiten völlig zum Erliegen kam. Nach Ansicht des Kammergerichts musste der Mieter damit bei Vertragsschluss nicht rechnen. Dementsprechend war auch seine Minderung des Mietzinses (auf Null) berechtigt.
Grundsätzlich gilt, dass die Behinderung des Zugangs der Mietsache einen Mangel darstellt, auch wenn die Behinderung aufgrund von Bauarbeiten Dritter erfolgt, die vom Vermieter überhaupt nicht zu beeinflussen sind. Regelmäßig muss der Mieter aber solche Beeinträchtigungen hinnehmen, mit denen bei Vertragsschluss bereits zu rechnen war. Die Gerichte zeigen sich hier relativ streng, wenn es um durch Bauarbeiten im Innenstadtbereich verursachten Lärm und Baustaub geht. Man sieht aber auch: Es gibt eine Grenze. Wenn der Mieter seine Mietsache gar nicht mehr nutzen kann, soll ihm doch wieder ein Minderungsrecht zustehen.
Anders dürfte der Fall aber dann zu entscheiden sein, wenn den Mietern bei Anmietung auch bekannt war, dass er die Mieträume aufgrund der Bauarbeiten nicht mehr wird nutzen können. Dann ist dieser Mangel vertragsgemäß.
Fachanwaltstipp Mieter: Sehen Sie sich bei Anmietung eines Objekts die Umgebung genau an. Wenn zum Beispiel neben Ihrem Haus eine Baulücke ist, kann dies gerade im Innenstadtbereich von Berlin darauf hindeuten, dass diese demnächst bebaut wird. (Vorsicht: Die Baulückenrechtsprechung der Berliner Gerichte ist uneinheitlich!) Unter Umständen haben Sie mit jahrelangen baubedingten Beeinträchtigungen zu kämpfen, für die Sie noch nicht einmal eine Mietminderung bzw. Schadensersatz vom Vermieter verlangen können. In solchem Fall empfiehlt es sich, eine entsprechende Regelung in den Mietvertrag aufzunehmen, worin Sie sich für den Fall von entsprechenden Bauarbeiten in der Umgebung ein Minderungsrecht ausdrücklich vorbehalten.
Fachanwaltstipp Vermieter: Wenn Sie mit Bauarbeiten in der Umgebung rechnen, sollten Sie den Mieter darüber so genau wie möglich aufklären und dies ggf. im Mietvertrag dokumentieren. Soweit Sie im Vertrag einen Ausschluss der Mängelgewährleistungsrechte des Mieters formulieren, muss dies sehr sorgfältig erfolgen, da diese Klausel ansonsten als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam sein kann.
Ein Beitrag von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck und Rechtsanwalt Dr. Attila Fodor Berlin
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