Der frühere Vorstandschef des Energiekonzerns EnBW, Utz Claassen, rechnet mit den Gepflogenheiten in der Energiebranche ab. „Ich habe einzelne Menschen in dieser Branche erlebt, die haben Wettbewerb nicht durch Innovation und um Kunden geführt, sondern durch Intrige und Diffamierung“, sagte Claassen in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“. Er rede zwar von Ausnahmen, so Claassen, „aber es gibt diese gravierenden Ausnahmen eben auch, und dies hätte ich früher so nicht für möglich gehalten“.
Claassen wörtlich: „Die Wahrheit ist manchmal so bitter und extrem, dass sie über die Vorstellungskraft hinausgeht. Es gibt nichts, das es nicht gibt – das ist meine Erfahrung. Wenn die Menschen an der Basis wüssten, was es zuweilen alles gibt, dann hätten wir als Gesellschaft ein sehr ernsthaftes Problem.“ Zur EnBW-Affäre und den Vorwürfen gegen den früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus sagte der 49-Jährige, es sei „richtig, dass der Rückkauf jetzt rechtsstaatlich aufgearbeitet wird“. Claassen: „Aber mir gefällt nicht, wie jetzt alle auf Herrn Mappus einschlagen, als wäre er der Einzige gewesen, der jemals in seinem Leben eine sehr teure Akquisition getätigt hätte. Man kann es in den Geschäftsberichten nachlesen: Die EnBW hat außerhalb meiner Amtszeit selbst Käufe von Unternehmensanteilen getätigt, deren Wert prozentual zum Teil stärker berichtigt wurde als das, was man Herrn Mappus jetzt ökonomisch vorwirft.“ Zur Energiewende sagte der frühere Energiemanager: „Wir brauchen neue Gaskraftwerke, aber da derzeit niemand diese Kraftwerke baut, wird die Regierung finanzielle Anreize setzen müssen. Das wird die Steuerzahler am Ende sehr viel Geld kosten.“