Der Berliner Wirtschaftsrechtler und Kläger gegen den Euro-Rettungsschirm Markus Kerber hat Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) wegen dessen Kritik am Bundesverfassungsgericht scharf attackiert. Schmidts „Gestaltungswille wird nicht einmal durch den Respekt vor der Unabhängigkeit und der Würde des höchsten deutschen Gerichts gezügelt. Vielmehr erteilt er dem Bundesverfassungsgericht ganz ungeniert Rechtsrat und nimmt dabei für sich in Anspruch, Interpret von Grundgesetz-Artikel 23 zu sein. Dies ist unverzeihlich“, sagte der Professor an der Technischen Universität zu Berlin „Handelsblatt-Online“.
„Denn gerade weil der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts vor einem Urteil steht, mit er auch über seine Wirkmächtigkeit als Verfassungshüter entscheidet, sind politische Ratschläge, die Entscheidungsdruck aufbauen wollen, mit dem Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland als einem Verfassungsstaat mit herausgehobener Verfassungsgerichtsbarkeit unvereinbar.“ Man dürfe Urteile auch des Bundesverfassungsgerichts zwar offen kritisieren, sagte Kerber weiter. „Aber Ratschlägen zur Urteilsfindung sollte sich gerade ein Altbundeskanzler enthalten. Sie bergen die Gefahr in sich, dass gerade jene Rechtserosion, die die Euro-Krise mit sich gebracht hat, ungehindert weiter geht.“ Der Verfassungsstaat verlange auch und gerade vom Altkanzler in dieser Bewährungsprobe des Bundesverfassungsgerichts politische Zurückhaltung. Schmidt hatte bei einer Veranstaltung der Atlantik-Brücke in Berlin die Karlsruher Verfassungsrichter wegen ihrer Euro-kritischen Haltung gerügt. Ausdrücklich bekannte sich der SPD-Politiker zu einer verstärkten Zusammenarbeit in Europa und verwies dabei auf den Artikel 23 des Grundgesetzes, der Deutschland den klaren Auftrag gebe, für die Integration der EU zu arbeiten. „Von einem Vorrang deutschen Interesses ist dort keine Rede.“