Der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hat die Forderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach einer umfassenden EU-Vertragsreform als „Stellvertreterdebatte“ kritisiert und zugleich Widerstand gegen ein Umgehen der Parlamente angekündigt. „Es gibt gerade drängendere Probleme als den institutionellen Aufbau der EU“, sagte Schulz der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (Samstagsausgabe). „Wir brauchen Wachstum und Jobs und müssen den Euro stabilisieren.“
Deshalb sollten jetzt keine Stellvertreterdebatten geführt werden, die davon ablenkten. Für den Fall einer EU-Reform verlangte Schulz die Einberufung eines europäischen Verfassungskonvents, in dem Parlamente, aber auch die Zivilgesellschaft beteiligt seien. Schulz fügte hinzu: „Ein Beiseitedrängen der Parlamente wäre das Ende der europäischen Demokratie. Dagegen wehre ich mich und dazu habe ich auch ein Mandat aller Fraktionen im Europaparlament.“ Merkel hatte am Donnerstag für eine weit stärkere Integration der EU plädiert: Sie forderte eine Fiskalunion mit gemeinsamer Haushaltspolitik und eine politischen Union. Merkel kündigte an, der EU-Gipfel Ende Juni werde dazu Arbeitsaufträge erteilen. „Wir müssen Schritt für Schritt auch Kompetenzen an Europa abgeben“, sagte Merkel.