EU-Kommissar Andor gibt Deutschland Mitschuld an Krise in Europa

Der Sozialkommissar der EU, László Andor, hält höhere Mindestlöhne in Deutschland für unabdingbar dafür, dass die europäische Wirtschaftskrise ein Ende findet und hat überdies indirekt erklärt, dass Deutschland eine Mitschuld an der Krise in Europa habe. Im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitagausgabe) sagte er, Deutschland habe durch die jahrelange Lohnzurückhaltung dazu beigetragen, dass wirtschaftliche Ungleichgewichte in der EU entstanden seien. Der EU-Sozialkommissar warf Deutschland zudem eine „merkantilistische Wirtschaftspolitik“ vor.

„Die Löhne in Deutschland müssen wieder der Entwicklung der Produktivität folgen“, forderte Andor. „Deutschland hat im vergangenen Jahrzehnt enorme Lohnzurückhaltung geübt, um für ein, zwei Jahre wettbewerbsfähiger zu werden – aber das hatte Folgen für die anderen EU-Staaten.“ Deshalb müsse die Bundesrepublik jetzt durch Mindestlöhne in allen Sparten und einen Abbau der Ungleichgewichte einen Ausgleich schaffen. Andor lobte zugleich die Krisenpolitik vom EZB-Präsidenten Mario Draghi, der unbegrenzte Käufe von Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder durch die Europäische Zentralbank angekündigt hatte. Sie seien „notwendig“. „Solange die Politik nicht die Mittel bereitstellt, die wir für die Bewältigung der Krise benötigen, brauchen wir die EZB, um uns zumindest eine Weile durchzuwurschteln“, erklärte der EU-Sozialkommissar im Gespräch mit der Zeitung.