EU-Arbeitsmarktforscher haben das schleichende Ende der Fließbandarbeit vorausgesagt. „Die wahren Verlierer sind europaweit diejenigen mit den Jobs, die vor allem Routine erfordern. Fließbandarbeiter brauchen wir immer weniger“, sagte Christian Lettmayr, Direktor des Europäische Zentrums für die Förderung der Berufsbildung (Cedefop), der Tageszeitung „Die Welt“ (24. März).
Laut einer Studie der offiziellen EU-Organisation nimmt die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze an Maschinen, Produktionsstraßen und auf Montage bis 2020 ab. Das gilt auch für Büroarbeit: Die Beschäftigungsmöglichkeiten für Schreibkräfte und kaufmännische Angestellte verringern sich bis 2020 um gut 1,5 Millionen in Europa. Mit einem Minus von knapp zwei Millionen noch größer ist der Rückgang im Handwerk. Insgesamt rechnet Lettmayr damit, dass die Euro-Krise sich den kommenden Jahren auf den Arbeitsmarkt erheblich niederschlägt: Die Behörde rechnet mit nur acht Millionen zusätzlicher Arbeitsplätze in der Europäischen Union bis 2020. „Das ist wenig, und es ist noch optimistisch gerechnet. Die Gefahr besteht, dass sich die Entwicklung noch verlangsamt“, sagte Cedefop-Direktor Christian Lettmayr der „Welt“. Der überwiegende Teil der dann insgesamt zu erwartenden 83 Millionen Stellen werde lediglich wiederbesetzt. 5,5 Millionen Arbeitsplätze gingen dem Cedefop zufolge allein in den ersten beiden Krisenjahren nach 2008 in Europa verloren. Im EU-Durchschnitt gilt nach einer Studie des Cedefop, dass Akademiker und Facharbeiter leichter einen Job finden als andere. 37 Prozent der Arbeitsplätze werden 2020 nur Hochqualifizierten offenstehen, vom Jahr 2000 an gerechnet, stellt der Wert nahezu eine Verdoppelung dar. Das gilt allerdings für diejenigen Länder nicht, die heute ohnehin die höchste Jugendarbeitslosigkeit haben: „Das Problem ist: In Länder mit so hoher Arbeitslosigkeit wie in Griechenland, Italien und Spanien gilt das nicht mehr. Dort verlieren sich alle Unterschiede“, sagt Lettmayr. Der Chef der EU-Agentur mit Sitz im griechischen Thessaloniki sieht allerdings Chancen für junge Griechen und Spanier, wenn sie ganz Europa als Arbeitsmarkt betrachteten: „Von denjenigen, die heute in Griechenland Arzt werden oder Ingenieur oder IT-Experte, wird ein bedeutender Teil Arbeit in Nordeuropa finden. In geringerem Maße gilt das auch für Facharbeiter“, sagte er der Zeitung. „Die Krise trägt dazu bei, diese Mobilität zu erhöhen.“