Neurochirurgische Eingriffe bei Epilepsie sollten nur Spezialeinrichtungen durchführen, auch wenn dafür eine grenzüberschreitende Kooperation erforderlich ist, betonte Prof. David B. Vodušek beim Europäischen Neurologiekongress in Berlin. Seine Klinik kooperiert seit mehr als zehn Jahren mit dem Epilepsie-Zentrum Erlangen. Eine Begleitstudie zeigt: Mehr als 60 Prozent der Patienten leben nun frei von Krampfanfällen.
Berlin, 21 Juni 2015 – Die Kooperation mit einem Exzellenz-Zentrum für hochspezialisierte neurochirurgische Eingriffe im Ausland suchen, statt selbst oder gar nicht zu operieren: Das hat die Universitätsklinik Laibach (Slowenien) gemacht. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit dem Epilepsie-Zentrum der Universitätsklinik Erlangen (Deutschland) ermöglichte zwischen 2001 und 2012 mehr als 50 slowenischen Epilepsiepatienten neurochirurgische Eingriffe in Deutschland, die in ihrem Heimatland nicht möglich gewesen wären. Die Begleitstudie dazu wurde heute von Autor Prof. David B. Vodušek von der Universitätsklinik Laibach, Vorsitzender des EAN Liaison Committee, beim 1. Kongress der European Academy of Neurology (EAN) in Berlin vorgestellt. Mehr als 6.500 Experten aus aller Welt diskutieren vom 20. bis 23. Juni in der deutschen Hauptstadt neueste Entwicklungen ihres Fachgebiets.
“Die moderne Medizin entwickelt sich in rasantem Tempo, und stellt große Anforderungen an die ärztliche Expertise und die Gesundheitsanbieter. Außerdem geht der Trend in der Patientenversorgung immer mehr in Richtung Zusammenarbeit in multidisziplinären Teams”, so Prof. Vodušek. “Damit solche Tams finanzierbar sind, aber auch um ausreichende Expertise entwickeln zu können, sind Mindestfallzahlen erforderlich. In kleinen Ländern kann diese kritische Zahl in manchen Patienten-Populationen nicht erreicht werden, es müssen also andere Wege ein optimalen Versorgung gefunden werden.“
Wie die Evaluierung zeigt, hat die Kooperation für die meisten Patienten zu einem durchbrechenden Erfolg in der Behandlung geführt. „Die große Mehrheit, nämlich 89 Prozent, sahen ihre Erwartung an den Eingriff weitgehend erfüllt“, so Prof. Vodušeks positive Bilanz.
Schläfenlappenresektion: Nur wenn Fallzahlen und Diagnostik stimmen
Fast 90 Prozent der Patientinnen und Patienten litten an einer Schädellappenepilepsie, die mit herkömmlichen Therapien nicht beherrschbar war. In solchen Fällen wird unter anderem eine Resektion des Schläfenlappens empfohlen, die bei zwei Drittel der Betroffenen langfristig Kampfanfälle verhindert. Auch eine Resektion außerhalb des Schläfenlappens kann Verbesserungen bringen.
Von vermeintlichen Sprachbarrieren solle man sich auf der Suche nach guten Lösungen für die Patienten nicht abschrecken lassen, betonte Prof Vodušek: “Slowenien hat nur zwei Millionen Einwohner, die die Landessprache sprechen. Für uns hat sich gezeigt, dass in einer solchen langfristige Kooperation zwischen der Universitätsklinik Laibach und dem Epilepsiezentrum Erlangen auch Epilepsiepatienten, die Kandidaten für einen neurochirurgischen Eingriff sind und intraoperative neuropsychologische Tests in ihrer Muttersprache benötigen, erfolgreich betreut werden können. Institutionelle Kooperation sorgt für eine kontinuierliche Betreuung der Pateinten zu Hause und im Ausland und für Transparenz, was die Behandlungsqualität des ausländischen Kooperationspartners betrifft. Solche institutionellen Arrangements sind also eine sinnvollere Lösung für die Gesundheitssysteme kleiner Länder, als Patienten eine Behandlung im Ausland zu finanzieren, die sie sich selbst organisieren.“
61 Prozent frei von Epilepsianfällen
Der Erfolg gibt dem Unterfangen Recht: 61 Prozent der Patienten waren nach dem Eingriff frei von Krampfanfällen. Weitere 28 Prozent erlitten keine Anfälle mehr, die Behinderungen nach sich ziehen. Geistiger Abbau nach der Operation trat nur selten auf, Gefühlsschwankungen erwiesen sich als vorübergehendes Phänomen. Der Eingriff hatte keine Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation der Betroffenen.
Prof. Vodušek: “Eines der wichtigsten Ziele der EAN ist die Verbesserung der Versorgung neurologischer Patienten in Europa. Es könnte also überlegt werden, im Rahmen der Organisation eine Art Austausch- und Kooperationsbörse zu etablieren, auf der Anbieter hochspezialisierter Behandlungsmethoden in universitäten Zentren und Krankenhäuser kleiner Länder, die eine Zusammenarbeit für spezifische Patientengruppen suchen, leichter zueinander finden können. In ähnlicher Weise wird schon jetzt der grenzüberschreitende Austausch junger Neurologen zwischen Abteilungen gefördert.“
Quelle: EAN-Abstract Vodusek et al, Benefits of European cooperation in clinical neuroscience: Outcome of epilepsy surgery in a cohort of Slovenian patients treated in collaboration between Ljubljana and Erlangen, Germany
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