Ein „gutes Stück Geschichte“ zum Leben erweckt

>> Mosaikband an Fassade des Pirmasenser Kulturzentrums „Alte Post“ aus der Kaiserzeit wird von der Artefactur Villeroy & Boch Fliesen restauriert

>> Finanzierung von Umbau der brachliegenden früheren „Königlich-Bayrischen Kraftpost“ durch Nachlass Elisabeth Hoffmann, Rheinberger Stiftung und Landesmittel – Feierliche Eröffnung findet zum 250-jährigen Stadtjubiläum am 25. August 2013 statt

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Sanierungsarbeiten an der Alten Post Pirmasens – Bildquelle: Stadtverwaltung Pirmasens, Martin Seebald

Pirmasens, 12.09.2012. Im westpfälzischen Pirmasens zeigt sich in diesen Tagen in imposanter Weise, wie hochwertig und nachhaltig „deutsche Wertarbeit“ sein kann. So wird im Zuge der Sanierung des historischen Gebäudetrakts „Alte Post“ ein gut laufende 33 Meter, rund 120 Jahre alter Fassadenfries aus der Wilhelminischen Ära originalgetreu wiederhergestellt. Dafür greift der einstige Hersteller Villeroy & Boch auf die detaillierten Einträge seiner archivierten Auftragsbücher aus dem Jahr 1893 zurück. Sogar die Originalfarben für die Behandlung des unglasierten Steinzeugs für das schmuckvoll gestaltete Mosaik mit seiner Gesamtfläche von 16,7 qm waren im Lager des Merziger Unternehmens noch vorhanden und selbst die Farbnummern hatten sich nicht geändert.
„Wir freuen uns sehr, den Pirmasensern dieses für alle sichtbare geschichtsträchtige Kleinod aus der Kaiserzeit im nächsten Jahr, pünktlich zum 250-jährigen Stadtjubiläum und dem damit verbundenen 30. Rheinland-Pfalz-Tag zurückgeben zu können. Besonders bemerkenswert ist, dass Villeroy & Boch Fliesen sein schmuckes Werk auf der Grundlage archivierter Auftragsdokumente und vorhandener Materialien nun selbst restauriert – und das immerhin 120 Jahre später“, betont Dr. Bernhard Matheis, Oberbürgermeister der Stadt Pirmasens. „Unser Dank gilt insbesondere der Liselott und Klaus Rheinberger Stiftung, die einmal mehr sehr schnell und unbürokratisch die Stadt genau dort finanziell unterstützt hat, wo es ihren Bürgern zugutekommt. Im gleichen Atemzug ist das wertvolle Engagement der Pirmasenserin Elisabeth Hoffmann zu nennen, ohne deren großzügigen Nachlass das Gesamtprojekt „Alte Post“ womöglich erst gar nicht zustande gekommen wäre.“

Bewegte Geschichte
Das filigrane Mosaikband an der „Alten Post“ misst in der Höhe 50 cm und verläuft unmittelbar unter dem Dach um das gesamte Sandsteingebäude herum. Das heute noch erhaltene Auftragsbuch führt es mit dem Eintrag „Fassadefries, Posthorn, Löwen, Posthorn, Telegraphen“. Ein unbekannter Künstler hatte es 1893 entworfen, Villeroy & Boch erstellte das Werk aus einer Viertelmillion Mosaiksteinen im Format 1 x 1 cm. Bombenangriffe der Alliierten hatten im Zweiten Weltkrieg die Pirmasenser Innenstadt äußerst schwer in Mitleidenschaft gezogen und dabei unter anderem auch das Mosaikband an der Süd- und Nordseite der „Alten Post“ zerstört. Das Gebäude wurde 1976 von der Post geräumt und diente bis dahin als Wartesaal für Postbusreisende, Telefonzentrale und Kraftpostverwaltung; danach stand es bis heute leer. Die „Alte Post“ zählt zu den wenigen noch erhaltenen historischen Monumenten der Stadt und soll nach derzeit laufendem Umbau künftig als Kulturforum dienen. Die Kosten in Höhe von 11,8 Mio. Euro trägt zu 80 Prozent das Land Rheinland-Pfalz. Die Stadt finanziert ihren 20-prozentigen Eigenanteil aus Rücklagen, die aus dem Nachlass der Pirmasenserin Elisabeth Hoffmann gebildet werden. Für die Sanierung der Fassade ist die Liselott und Klaus Rheinberger Stiftung eingetreten.

Aus alt mach neu
Im ersten Schritt wird der bestehende Fries insbesondere auf Hinter-laufungen, Risse und Verschmutzungen hin untersucht und saniert. Bei größeren Fehlstellen fertigt Villeroy & Boch Fliesen die zu ergänzenden Teilstücke in der hauseigenen Artefactur (http://www.artefactur-4me.com) an und stellt diese für die Einarbeitung im verlegefertigen Format (40 x 50 cm) bereit. Da das hierfür verwendete Rohmaterial heute im Format 2 x 2 cm vorliegt, sind die neuen Teile für das beschädigte Mosaikband auf das halb so große nachgeschnitten und aufwändig (etwa 15.000 Steine pro qm) zu setzen. Insgesamt werden über 250.000 Steine verwendet. Da das historische Gesamtkunstwerk der „Alten Post“ von hoher Individualität geprägt ist, spielt das eingebrachte Know-how der Artefactur und seiner Experten eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Restaurierung.

Bildrechte: Stadtverwaltung Pirmasens, Martin Seebald

Ergänzendes zur Stadt Pirmasens
Erste urkundliche Erwähnung fand Pirmasens um 850 als „pirminiseusna“, angelehnt an den Wanderprediger Pirminius. Der als Stadtgründer geltende Landgraf Ludwig IX. errichtete im heutigen Pirmasens die Garnison für ein Grenadierregiment, es folgten 1763 die Stadtrechte. Am südwestlichen Rand des Pfälzerwalds gelegen und grenznah zu Frankreich ist das über 40.000 Einwohner zählende, rheinland-pfälzische Pirmasens wie Rom auf sieben Hügeln erbaut. In ihrer Blütezeit galt die Stadt als Zentrum der deutschen Schuhindustrie und ist in dieser Branche heute noch wichtiger Dreh- und Angelpunkt; davon zeugen unter anderem der Sitz der Deutschen Schuhfachschule, des International Shoe Competence Centers (ISC), die Ausrichtung internationaler Schuhmessen oder der Standort der ältesten Schuhfabrik Europas. Zu den tragenden Wirtschaftsbereichen zählen unter anderem chemische Industrie, Kunststofffertigung, Fördertechnik-Anlagen und Maschinenbau. Pirmasens positioniert sich heute als Ein-kaufsstadt mit touristischem Anspruch und als einziger internationaler Messestandort in Rheinland-Pfalz. Seit 1965 wird eine Städtepartnerschaft mit dem französischen Poissy gepflegt. Weitere Informationen sind unter http://www.pirmasens.de erhältlich.

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