Wie ein nasses Schwein
Manfred Klar ist auf Sondereinsatz. Es regnet in Strömen und in Manfreds Schuhen macht sich bereits eine unangenehme Feuchtigkeit bemerkbar. Er fühlt sich wie das letzte Schwein. Der schmale Flur, den er mit den anderen vier Männer vom Mobilen Einsatzkommando (MEK) entlanggeht, riecht nach Moder und Heizöl. Es ist unnötig Kommandos zu geben, sie verständigen sich mit Handzeichen. Manfred fingert mit klammen Fingern an seiner Walther und denkt wohl zum tausendsten Mal, dass er endlich sein Versetzungsgesuch einreichen wird. Er ist immerhin schon 52 Jahre alt.
Abgeschlachtet wie ein Schwein?
Sie erreichen eine Stahltür. Einer der Beamten heftet lautlos und vorsichtig ein selbstklebendes Paket an das Türblatt, während die anderen mit angelegten Waffen sichern. Die Tür wird gesprengt und sie treten ein als. Da sieht Manfred eine schwarz-gekleidete Gestalt im Innern, schemenhaft wie ein Schatten. Er bemerkt die Waffe und hört die Schüsse. Dann spürt er einen stechende Schmerz an der Schläfe und verliert das Bewusstsein. Er hört Sirenen und fragt noch im Delirium, was passiert sei. Die Antwort darauf: „Da hat Ihnen wohl jemand einen Scheitel gezogen. Mehr weiß ich auch nicht.“
Nochmal Schwein gehabt
Als Manfred Klar wieder aufwacht, weiß er sofort, wo er ist. Infusionsschlauch, gestärktes Leinhemd, an seinem Bett seine Frau Evelyn: Er ist im Krankenhaus. Seine Frau wischt sich hastig ein paar Tränen aus dem Gesicht. Sie schaut ihn lächelnd, aber aus traurigen Augen an. Sie erklärt ihm: „Du hast mal wieder Schwein gehabt. Zwei Zentimeter rüber und der Holzkopf hätte ein schönes Astloch.“ Evelyn wünscht sich schon seit längerem, dass er sich in den Innendienst versetzen lässt. Daher verspricht Manfred ihr: „Jetzt ist Schluss. Sobald man mich laufen lässt, schreib ich mein Gesuch.“ Sie glaubt ihm nur halb. Dann wird ihr Gespräch von der Arztvisite unterbrochen. „Klar, Manfred, 52, Unfall in Dienstausübung, Streifschuss linke Schläfe, bla bla bla… Kann morgen früh nach Hause.“ Die Arztvisite ist schnell vorüber.
Manfreds Tochter Marita
Diese gefühlslose Art erinnert Manfred unwillkürlich an seine Tochter Marita, die während des „Aufstands von Teheran“ ums Leben kam. Während des Aufstands waren die Hospitäler völlig überfüllt. Viele hatten nicht so viel Schwein wie Manfred, und starben. Tausende Verwundete wurden aus dem Teheran ausgeflogen. Erst auf Lazarette in der Türkei, Griechenland und im Vorderen Orient, dann auf Kliniken im gesamten Reich. Es war am 1. Weihnachtsfeiertag und der Hausarzt befand sich im Urlaub. Was blieb, war die Kinderambulanz. Doch das Spital war überfüllt durch die vielen Verwundeten. Es herrschte Hektik und Aufregung. Manfred zwang damals eine vorbeilaufende Ärztin, nach Marita zu sehen. Doch die sagte nur gleichgültig: „Da kann ich nichts machen. Mehr als ein Notbett in der Ambulanz kann ich Ihnen eh nicht anbieten.“ Manfreds Tochter litt an einer angeborenen Immunschwäche und das Fieber stellte sich als eine Lungenentzündung heraus. Sie starb am nächsten Tag in ihrem Notbett auf dem Flur der Kinderambulanz.
Der Aufstand von Teheran
Nach langjährigen geheimen Vorbereitungen hatten die persischen Mullahs zum Jihad ausgerufen. Dann an Heilig Abend 1990 schlugen die extremistischen Muslime zu. Die Truppenverbände waren davon völlig überrumpelt und wurden wie die Schweine abgeschossen. Die eine Nacht allein forderte 1.400 Tote. Danach wurden Verstärkungstruppen geschickt, doch durch die Partisanentechnik wenig effektiv. Es folgte ein zweijähriger Kampf. In der Zwischenzeit wurde Teheran zu einer Geisterstadt. Es folgten Festnahmen, Folterungen, Geiselerschießung und rücksichtlose Erstürmung von umkämpften Gebäuden. Auch 20 Jahre später ist die Stadt immer noch unter Kriegsrecht und fordert weiterhin Opfer.
Manfred verlässt die Klinik
Manfred lässt sich die Infusion von einer Krankenschwester abnehmen. Es blutet ein wenig, aber das stört ihn nicht weiter. Leicht benommen nimmt er seinen Sachen aus dem Kleiderspint. Der Mantel ist noch nass. Der Halfter seiner Pistole hängt am Haken, aber die Waffe ist weg. Dann verlässt Manfred mit seiner Frau das Krankenhaus. Es regnet noch immer.
Fortsetzung folgt…
Wie geht es weiter mit Manfred? Wird er in den Innendienst versetzt? Das erfahrt ihr vielleicht schon im nächsten Spruch des Tages. Seid also gespannt!
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Warnung:
Das Lesen der Bücher von Manfred Wolf kann deine Augen öffnen, die Ohren sensibilisieren, die Zunge schärfen, dein Herz berühren, dein Leben beeinflussen, deinen Horizont erweitern, deine Sorgen beseitigen, dich gesund machen und erhalten, dein Schicksal verändern und dich glücklich machen.