Die Wirtschaftsethik als neuer Glaube der Geschäftswelt

Autor: Reinhard F. Leiter, Executive Coach München

Ethik ist kein Privileg, sondern eine strategische Entscheidung, die einem Zweck in einem Unternehmen dient. Diejenigen, die ethisch handeln, sind widerstandsfähiger, attraktiver für Talente und sichern sich langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit. Kurz gesagt: Ethik zahlt sich aus. Wer heute nicht nachhaltig denkt, der wird morgen den Anschluss verlieren.

Auf Ethik zu setzen ist mittlerweile die Voraussetzung dafür, dass Zukunft, Wirtschaft und Gesellschaft Hand in Hand gehen – sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei den Mitarbeitern des Unternehmens. Wer diesen Weg geht, minimiert (Compliance-)Risiken und stärkt das Image und die Reputation des Unternehmens. Und wer glaubt, mit Tricks und Täuschungen langfristig erfolgreich sein zu können, der irrt gewaltig, denn die Verbraucher sind schlauer geworden und belohnen Unternehmen, die glaubwürdig und transparent agieren.

Menschenwürde als Kompass
Mit Ethik muss man umgehen können, um erfolgreich zusammenzuarbeiten, nur wie? Zuallererst sollte die Menschenwürde der Kompass eines Unternehmens sein. Mobbing, Diskriminierung und Ausbeutung hingegen sind nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch schlichtweg wirtschaftlich schädlich. Konkret bedeutet dies, dass in einem Unternehmen faire Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit, ein respektvoller Umgang miteinander und ein Arbeitsumfeld, das die psychische und physische Gesundheit fördert, für eine nachhaltige Unternehmenskultur sorgen. Unternehmen sind mehr als nur Gewinnmaschinen. Sie sind Teil einer Gesellschaft und tragen Verantwortung für alle ihre Stakeholder, wie Mitarbeiter, Kunden, Umwelt und Aktionäre.

Erst die Vision, dann der Erfolg
Eine Vision ist bereits die halbe Miete oder genauer gesagt die Grundlage für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung. Aber wie sieht es mit der Umsetzung aus? Durch gezielte Weiterbildung und Förderung der Mitarbeiter beispielsweise entsteht ein Team, das bereit ist, neue Herausforderungen anzunehmen und gemeinsam Lösungen zu finden. Die daraus resultierende Leistungssteigerung und Motivation der Mitarbeiter, anspruchsvolle Ziele und flache Hierarchien schaffen ein Umfeld, in dem jeder Einzelne sein Potenzial entfalten kann. Auf diese Weise sichert man sich Wettbewerbsvorteile und gewährleistet den langfristigen Erfolg seines Unternehmens.

Die Heilige Dreifaltigkeit, die sich daraus ergibt, heißt: Kundenorientierung, Integrität und Nachhaltigkeit. Sie sind die Säulen, auf denen das Unternehmen steht. Die Führungskräfte haben dabei eine Vorbildfunktion und prägen die Unternehmenskultur. Ehrlicher Austausch und gegenseitige Wertschätzung sind ein absolutes Muss, denn eine offene Fehlerkultur und der Mut, neue Wege zu gehen, schärfen und stärken das Profil und die Position eines Unternehmens am Markt. Transparenz ist das Fundament einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Wenn alle Mitarbeiter über die Ziele, Strategien und Ergebnisse des Unternehmens informiert sind, entsteht ein starkes Wir-Gefühl. Zudem geht es bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter längst nicht mehr nur um Fachkompetenz. Vielmehr müssen sie zum Unternehmen, seinen Werten und zum Team passen, denn Charakter, Einstellung und Motivation sind die entscheidenden Faktoren für den langfristigen Erfolg aller Beteiligten.

Was du nicht willst, was man dir tu, das …
Wer an der Spitze eines Unternehmens steht, muss Integrität besitzen. Er darf nicht nur nach innen auf das Unternehmen und seine Mitarbeiter schauen, sondern muss für ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen allen Stakeholdern und ihren Interessen sorgen. Bei den Kunden beispielsweise ist Stabilität das Fundament für die harte Währung namens Vertrauen, also die Gewissheit, dass die Produkte einen Kundennutzen bieten.

Die Vorbildfunktion ist mannigfaltig und nicht auf Glaubwürdigkeit, Verantwortung und Pflichterfüllung reduziert. Die Führungsetage sollte nicht nur auf Zahlen und Effizienz wertlegen, sondern ihre Mitarbeiter so behandeln, wie sie selbst behandelt werden möchte. Es ist nicht wenig, was Führungskräfte im Alltag vorleben müssen. Übertragen auf die Welt der Wirtschaft bedeutet dies aber, dass Führungskräfte, die dem Unternehmen ebenso dienen wie ihre Mitarbeiter, mit gutem Beispiel vorangehen. Es geht letztlich um einen tiefen Respekt vor dem Kunden, dem Mitarbeiter und der Umwelt. Demut schützt dabei vor Selbstüberschätzung und hilft, den eigenen Narzissmus zu überwinden.

Jeder Mitarbeiter ist ein Produkt seiner Führung
Der Führungsstil der Zukunft heißt Coaching. Er stellt die richtigen Fragen, verzichtet auf Bewertungen und gibt Orientierung statt Anweisungen. So lernen die Mitarbeiter, sich an ein ständig veränderndes Umfeld anzupassen. Mit einem nicht-direktiven Stil unterstützen Führungskräfte ihre Mitarbeiter durch offene Fragen und Zuhören dabei, eine eigene Perspektive zu entwickeln. Sie bekunden dadurch ein echtes Interesse und Respekt an der Person, die sie coachen und halten sich mit Bewertungen zurück. Ziel des Coachings ist es, die Potenziale der Mitarbeiter freizusetzen, um ihren persönlichen Erfolg zu steigern. Ein achtsamer Umgang mit den Mitarbeitern wird diese auch zu mehr Anteilnahme gegenüber Kunden, Mitarbeitern, Kollegen und anderen Menschen anspornen. Denn Empathie steckt an. Und der Ton macht die Musik.

Inklusion + Diversität = Team
Nicht nur der Führungsstil, auch die Inklusion muss bei der Führung der Mitarbeiter berücksichtigt werden. Dabei geht es nicht nur um Toleranz, sondern um die aktive Gestaltung einer Gesellschaft, in der Vielfalt selbstverständlich sein sollte. Strukturen müssen geschaffen werden, die jeden Menschen, unabhängig von seinen Fähigkeiten, einbeziehen und stärken. Statt also Menschen mit Behinderung an das Unternehmen anzupassen, passt man das Unternehmen an die Bedürfnisse aller Menschen an. So schafft man eine Atmosphäre, in der jeder Mitarbeiter seinen Beitrag leisten kann und wertgeschätzt wird.

Leider reden deutsche Firmen viel, tun aber wenig. Eine neue Studie hat erneut bestätigt: Kaum ein Mitarbeiter hierzulande glaubt wirklich, dass sein Arbeitgeber etwas für die Diversität tut. Frei nach dem Motto: „Jeder soll anders sein, aber bitte nicht zu anders!“ Dabei sind Teams, die aus Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen bestehen, kreativer, innovativer und leistungsfähiger. Doch wie kann man diese Potenziale in einem Unternehmen voll ausschöpfen? Diversität ist mehr als nur ein Schlagwort. Sie ist eine Chance, Unternehmenskulturen zu bereichern und nachhaltig den Erfolg zu sichern. Als Manager trägt man eine besondere Verantwortung, diese Entwicklung aktiv mitzugestalten und in Diversität zu investieren.

Auf die richtigen Werte kommt es an
Wer nur auf den kurzfristigen Erfolg sinnt, hat nicht vor, lange in einem Unternehmen zu bleiben und hinterlässt im schlimmsten Fall einen Scherbenhaufen und ein Unternehmen, das seine Seele verkauft hat. Es kommt nicht darauf an, wer die besten Zahlen liefert, sondern wer die richtigen Werte vertritt. Es braucht Menschen, die sich mit dem Unternehmen identifizieren, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und auch mal gegen den Strom zu schwimmen. In Zeiten des Umbruchs ist es wichtiger denn je, auf das Wissen und die Erfahrung der Mitarbeiter zu setzen, ihnen zuzuhören, ihre Kritik ernst zu nehmen und den Mut zu haben, auch die eigene Meinung zu hinterfragen. Das ist keine Kritik, sondern Loyalität, und Konflikte sind keine Schwäche, sondern eine Stärke! Denn wer nur Ja-Sager um sich hat, wird scheitern.

In our company we trust
Vertrauen ist eine Investition. Natürlich stellt es ein Risiko dar, das man erst einmal bereit sein muss einzugehen. Aber: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“. Man gibt etwas in der Hoffnung, es irgendwann zurückzubekommen. Und ja, es besteht immer die Gefahr, dass man betrogen wird. Aber das gehört zum Leben dazu. Ohne Vertrauen geht es heute nun mal nicht, so wie ein Getriebe ohne Öl nicht funktioniert. Man kann Vertrauen auch mit einem Muskel vergleichen. Je mehr man ihn trainiert, desto stärker wird er. Mit jeder positiven Erfahrung wächst das Vertrauen. Und das Beste ist: Vertrauen ist ansteckend. Wenn einer anfängt zu vertrauen, ziehen alle anderen nach.

Mehr als ein notwendiges Übel
Ethisches Wirtschaften ist mehr als ein notwendiges Übel. Unternehmen müssen sich den gesellschaftlichen Erwartungen stellen und zeigen, dass sie Verantwortung übernehmen. Langfristig gesehen ist es auch wirtschaftlich sinnvoll, ethisch zu handeln. Denn nur Unternehmen, die das Vertrauen der Verbraucher gewinnen, haben eine Zukunft.

„We are a people business. That’s why trust is the basis for all our partnerships.“ (Torsten Leue CEO Talanx AG )

Über Reinhard F. Leiter
Reinhard F. Leiter war von 1972 bis 1981 in den Funktionen Leiter Aus- und Weiterbildung und Personalleiter in der Bayer Group tätig. Von 1982 bis 2013 leitete er bei Allianz SE das Zentrale Bildungswesen und war Head of Executive Events. Für diese Unternehmen war er auf allen fünf Kontinenten und in über dreißig Ländern tätig.

Reinhard F. Leiter war Gründungsmitglied des „Arbeitskreises Assessment Center-Führungskräfteauswahl und Entwicklung in DACH“ und jahrelang Vorsitzender dieses Vereins.
Er ist heute certified Coach für Unternehmer ,Senior Leaders und Executive Coach bei SELECTEAM.

Reinhard F. Leiter publiziert regelmäßig.

Neu erschienen sind :

„Global Coaching Excellence? A holistic approach“, Windmühle-Verlag, ISBN 978-3-86451-060-1 gemeinsam mit Dr. Werner Krings.

Reinhard F.Leiter, „Presentation Excellence – A holistic approach“, Windmühle-Verlag, ISBN 978-3-86451-039-7

Reinhard F. Leiter, „Quality Standards of Presentation Excellence“, www.reinhardfleiter.com
Professional Certificate in Coaching (PCIC) / Foundation in Coaching: Henley Business School at University of Reading GB: Certified

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