Das erste newtonsche Gesetz, auch Trägheitsprinzip genannt, besagt folgendes: „Ein Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Bewegung, sofern er nicht durch einwirkende Kräfte zur Änderung seines Zustands gezwungen wird.“ Wir alle kennen diese Kräfte:
Wenn Kunden ungeduldig werden, Mitarbeiter dringend Anweisungen benötigen oder der Chef das fünfte Mal nach dem Projektplan fragt. Doch warum schieben wir immer wieder auf? Und was hat das alles mit Tennis-Meisterschaften zu tun?
Völlig egal, was manche Menschen behaupten. Völlig unerheblich, was uns irgendjemand erzählen will: Wir alle schieben von Zeit zu Zeit auf. Und es ist ja auch nichts dabei: Wir entscheiden uns in diesem Moment lediglich dafür, eine bestimmte Tätigkeit einer anderen vorzuziehen. Als leidenschaftliche Tennisspieler ziehe ich selbst beispielsweise in jedem
Fall eine schlechte Stunde auf dem Tennisplatz einer guten Stunde im Büro vor.
Die Aufschieberitis ein für alle Mal besiegen
Wenn dieser Tage die internationalen Profi-Turniere über den Bildschirm flimmern, ist die Tennis-Saison auch auf Clubebene längst in vollem Gange. Und wer sich jemals für Tennis interessiert hat, der kennt auch die Turnier-Tableaus, die immer dann zum Einsatz kommen, wenn Meisterschaften ausgespielt werden. Mit Ihnen lässt sich auf einfachste Weise der Sieger nach dem K.O.-System aus einem Teilnehmerfeld von 8, 16, 32 oder mehr Spielern ermitteln.
Und genau ein solches Tableau kann uns auch dabei helfen, das Thema „Aufschieberitis“ ein für alle mal zu besiegen.
Aus der Physik wissen wir, dass ein Körper, der sich im Ruhezustand befindet, dazu neigt, in diesem Zustand zu verharren. Hingegen ist ein Körper in Bewegung bestrebt, auch diese Aktion tendenziell fortzusetzen. Wer jemals versucht hat, ein Auto anzuschieben, der weiß: Es bedarf zunächst relativ großer Anstrengung, den Wagen in Bewegung zu setzen. Wenn er allerdings erst einmal rollt, ist es mit relativ geringer Krafteinwirkung möglich, das Fahrzeug weiter rollen zu lassen. Für unser aller Problem des Prokastinierens lautet die entsprechende Frage natürlich: Wie bekommen wir unseren Hintern dazu, sich von der Coach zu erheben und in Aktion zu treten? Wie schaffen wir es, den Zustand der Ruhe zu beenden und zu starten – also im Wortsinn tatsächlich zunächst uns und dann etwas (Projekt, Angebot, Plan) zu bewegen? Genau hier kommt das Tableau aus den Tennismeisterschaften zum Einsatz.
Mit dem Tableau-Prinzip Übersicht und Struktur gewinnen
Zunächst einmal benötigen wir sämtliche anstehende Aufgaben, die auf einer To-Do-Liste notiert
werden. Vergessen Sie alles, was mit Priorisierung oder irgendeiner logischen Reihenfolge zu tun hat. Schreiben Sie einfach, von oben nach unten, alles auf, was Ihnen in den Sinn kommt. Alle aktuellen Aufgaben einfach untereinander auflisten. Nun beginnen Sie – vergleichbar mit dem obigen Turnier-Tableau – die ersten beiden Aufgaben 1 und 2 mit einer Klammer zu versehen. Jetzt kommt der entscheidende Moment: Nun wählen Sie den Gewinner der ersten Partie aus mit der Frage: Welche dieser beiden Aufgaben ist die Einfachere? Denn genau diese Aufgabe gewinnt die erste Runde und wird von Ihnen in die zweite Runde geschrieben. Ich wiederhole: Die leichtere Aufgabe gewinnt! Dieses Prinzip wiederholen Sie nun für die Aufgaben mit den Nummern 3/4, 5/6, 7/8 und so weiter und so fort. Immer wählen Sie die jeweils leichtere Aufgabe. Die erste Runde ist geschafft! Was tun Sie, wenn Ihre Liste keine gerade Zahl aufweist? Natürlich das gleiche, wie bei einem Turnier: In diesem Fall hat die verbleibende Aufgabe einfach ein Freilos in die nächste Runde und kommt automatisch weiter.
Jetzt spielen wir unser Viertelfinale: Wieder heißt es 1 gegen 2, 3 gegen 4, 5 gegen 6 und 7 gegen 8. Und wieder wählen Sie die einfachsten Aufgaben auf, die eine Runde weiter kommen, weil sie erneut gewinnen. So gelangen Sie früher oder später in die Situation, dass nur noch 4 Aufgaben übrig bleiben, die im Halbfinale gegeneinander antreten. Und dann ist es soweit: Der Moment des Finales ist gekommen. Nur noch zwei Aufgaben, Auge in Auge, bis nur ein Gewinner übrig bleibt. Und dieser Sieger ist, nachdem Sie auf dem Papier das Finale ausgespielt haben, wirklich Ihre
Nummer 1, die einfachste Aufgabe, die es aktuell für Sie gibt. Und genau mit dieser Aufgabe beginnen Sie. Das aller einfachste, egal was sonst noch auf der Liste steht, damit fangen Sie an.
Mit der leichtesten Aufgabe in Bewegung kommen
Was ist bis hierher passiert? In der ersten Runde sind sämtliche Aufgaben aus dem Turnier gefallen, die im Vergleich schwerer waren. Warum? Ganz einfach: Ich weiß, dass viele selbsternannte Zeitmanagement-Päbste das genaue Gegenteil predigen: “Suchen Sie sich die eine, alles entscheidende, wichtigste, dringendste und schwierigste Aufgabe. Starten Sie nur mit dieser Aufgabe und machen Sie nichts anderes, bevor sie vollständig erledigt ist.“ Wunderbares
Prinzip. Aber wenn Sie dazu tendieren, Dinge aufzuschieben – und wir wissen, jeder von uns tut dies von Zeit zu Zeit – dann werden Sie es nicht konsequent fertig bringen, mit dieser Aufgabe zu starten, geschweige denn, sie zu Ende zu bringen. Was ist hingegen unser Konzept? Wir wählen ganz bewusst die jeweils leichteste Aufgabe aus und beginnen einfach mit ihr. Wenn wir mal gestartet sind, wird es uns – getreu Herrn Newton – leichter fallen, uns weiter zu bewegen und so auch andere Aufgabe anzugehen und zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.
In der Trostrunde zur schwierigsten Ausgabe finden
Damit hören wir natürlich nicht auf! Denn jetzt gibt es, wie bei einer Clubmeisterschaft unter Hobbyspielern, die so genannte „Trostrunde“. Dabei passiert folgendes: All diejenigen, die bereits in der ersten Runde ausgeschieden sind, haben die Chance, noch einmal in einer Art B-Runde
gegeneinander zu spielen und sich über diesen Umweg weiter zu qualifizieren. Genau das tun Sie jetzt auch mit Ihren Erstrunden-Verlierern. Zuvor haben Sie in Ihrer A-Runde das Finale ausgespielt, bei dem die einfachste Aufgabe gewonnen hat und von ihnen sofort mit Leichtigkeit erledigt wurde. Das Auto, das wir anschieben wollten, rollt bereits.
In der B-Runde wählen Sie jetzt unter den schwierigeren Aufgaben – ebenfalls mit einer Klammer um 1/2, 3/4, 5/6 und 7/8 – erneut den jeweiligen Sieger aus. Aber dieses Mal, richtig, nehmen Sie natürlich die schwerere Aufgabe. Das heißt, Sie wählen nun ganz bewusst zwischen den schwierigen Aufgaben die jeweils schwierigere aus. Dann gibt es das Halbfinale, die letzten vier unangenehmen, komplexen oder dringenden Aufgaben, die zu erledigen sind. Auch hier spielen Sie so lange, bis irgendwann im Finale die zwei letzten schwierigsten Kontrahenten aufeinander
treffen. Jetzt wählen Sie aus: Welche eine Aufgabe bringt Sie Ihrem wichtigsten Ziel am nächsten? Welche Aufgabe ist am Schwierigsten bzw. welche sollten Sie unmittelbar erledigen, um diese Runde erfolgreich zu absolvieren?
In Schwung bleiben
Wenn Sie statt eines einfachen Blattes Papier lieber ein Blanko-Tableau in Excel-Form benutzen wollen, lasse ich Ihnen gerne ein Muster zukommen. Vielleicht hat ja gerade genau diese Aufgabe das Finale Ihrer A-Runde gewonnen. ;-) Schicken Sie einfach eine E-Mail mit Ihren Kontaktdaten und dem Betreff „Tableau“ an: info@martingeiger.com
von
Martin Geiger, Effizientertainer(R)