Die Lage rutscht

Die Herausforderung, die sich seit mehreren Jahren an den stationären Handel richtet, ist längst im Segment der privat genutzten Immobilien angekommen. Kunden suchen nach Maßanzügen, die in erster Linie ihrer Persönlichkeit und ihrem individuellen Lebensstil entsprechen. Vorgefertigte Meinungen Dritter spielen dabei eine immer geringere Rolle. Gut so: Käufer emanzipieren sich. Uniforme und Klischee behaftete Objekte in eben solchen Lagen haben das Nachsehen.  Aus dem Kriterium „Lage“ ist mittlerweile der komplexere Begriff „Standortqualität“ geworden. Diese lässt sich nicht pauschal definieren, sondern wird in ihrer Ausprägung individuell beschrieben und muss mit dem Anforderungsprofil des Immobilienkäufers übereinstimmen. Das führt zu einer nachhaltigen Neubewertung von Bestandsimmobilien und teilweise auch zu Herabstufungen bisheriger „Top Lagen“ zu  Ladenhütern, ja sogar zum Attribut „unverkäuflich“.

Heike Maria Bachus, Architektin & Feng-Shui Expertin, Wiesbadeninterviewt Monika M.  RöslerVorstand für Immobilienmarketing, PPM AG www.ppm-ag.com – Nov/Dez 2011

Frage: Frau Rösler, als Vorstand der PPM AG sind Sie inzwischen führend im Bereich der anderen Immobilienvermarktung. Sie nehmen eine völlig neue Sichtweise ein und demonstrieren damit ein außergewöhnliches Trendgespür. Analysen über Markt- und Bevölkerungsentwicklung, sowie neue Herangehensweisen im Immobilienmarketing prägen ihren richtungsweisenden Ansatz. Mit einem gewissen Schrecken und noch größerer Verwunderung höre ich, was Sie sagen. Und ich beginne zu ahnen, dass Sie hier von einem Trend sprechen, der neue Gewinner und Verlierer generieren wird. Wie kommt es zu dieser radikalen Neuorientierung?
Antwort: Die Veränderungen werden maßgeblich von Käufern – nicht von Immobilienbesitzern ohne Veränderungswunsch – ausgelöst. Wer heute eine Immobilie kaufen möchte, entscheidet aus einer individualisierteren Lebenssituation heraus, anders als das frühere Kaufentscheider getan haben. Das ist durch die unterschiedlicheren und in zeitlich kürzere Abstände gefassten Lebensphasen begründet.
Frage: Können Sie das etwas ausführen? Was sind das für neue Lebenssituationen, die sich derart gravierend auf den Immobilienkauf auswirken?
Antwort: Werfen wir beispielhaft einen kurzen Blick auf den Bereich, der stets den nachvollziehbarsten Grund für neuen Wohnraum geliefert hat: die Familiengründung.  Während in den 60er Jahren Frauen, die ihr erstes Kind bekamen, im Durchschnitt 24 Jahre alt waren, sind sie heute über 30 – Tendenz steigend. Die Zahl der Geburten bewegte sich in den 60ern bei ca. 1,4 Mio. pro Jahr; heute verzeichnet man pro Jahr weniger als die Hälfte. Obwohl die Anzahl der Eheschließungen deutlich gesunken ist, hat die Scheidungsrate genauso zugenommen, wie die Anzahl der Alleinerziehenden. Das führt – ganz nüchtern betrachtet – zu dem Schluss, dass die Lebensumstände derjenigen, die sich heute als (potenzielle) Eltern begreifen, nicht mehr die sind, wie es zu einer Zeit war, als man auch Wohnbedarf getrost traditionell einschätzen konnte.
Frage: Das schöne Heim im Grünen – vielleicht sogar mit Villencharakter – mit Garten für die Kinder, in einer ruhigen und von solventen Eigentümern vergleichbarer Immobilien geprägten Wohngegend ist heute nicht mehr nachgefragt?
Antwort: Nicht mehr mit der gleichen Selbstverständlichkeit, wie das noch vor einigen Jahren der Fall war und bei weitem auch nicht mehr in der Menge. Das gleiche gilt übrigens für ein Luxussegment, das sich auf herkömmliche Villen in dafür typischen Lagen bezieht. Maklerbüros, die sich auf deren Vermarktung spezialisiert haben, erleben gerade enormen Gegenwind. Jeder kann sich davon leicht überzeugen, in dem er beispielsweise nachvollzieht, wie solche Objekte  – selbst auf einer Plattform wie Ebay – von genau diesen Luxusmaklern inseriert werden und zwar über lange Zeiträume. Das ist sicher nicht das, was sich die Besitzer solcher Objekte erwartet haben. Es zeigt aber, in welch radikalem Umbruch der Markt ist. In den nächsten Jahren wird eine steigende Anzahl von Bestandsimmobilien auf den Markt kommen, die nicht mehr verkauft werden können. Sie passen einfach nicht in die Lebensumstände potenzieller Käufer. Und diese – das können wir bereits sehr deutlich sehen – sind selbst dann nicht bereit zu kaufen, wenn eine Immobilie nach klassischer Bewertung eine sehr gute Substanz hat und sogar für „sehr kleines Geld“ zu haben ist. Der heutige Kunde scheut mehrheitlich nicht nur den Aufwand an Zeit und Geld, der mit einer umfassenden Modernisierung einhergeht, er verweigert sich auch sehr strikt, wenn das Gesamtkonzept – also die für ihn maßgebliche Standortqualität – nicht passt.
Frage: Bedeutet das, dass nicht nachgefragte Immobilien auch nicht „über den Preis“ – wie man das in der Maklersprache – glaube ich – nennt, verkauft werden können?
Antwort: Völlig zutreffend. Ja, das bedeutet es und auch dafür gibt es bereits eine ständig größer werdende Zahl von Objekten, an denen das nachvollzogen werden kann. Frage: Wie sieht das denn aus, wenn man Ihre These unter Einbeziehung der amtlichen Bodenrichtwerte beleuchtet?
Antwort: Abgesehen davon, dass mehr und mehr Käufer von der Existenz der Bodenrichtwerte gar nichts wissen, stellt sich die Frage, wie diese denn überhaupt in eine für sie maßgebliche Bewertung eines Verkaufsobjektes einbezogen werden könnten.Das Baugesetzbuch schreibt den Gutachterausschüssen, eine entsprechende Ermittlung von Durchschnittswerten alle zwei Jahre vor. Ein wichtiges Element bei der Findung der Werte ist die Kaufpreissammlung aller im relevanten Gebiet stattgefundenen Verkäufe sowie die Frage, ob die Bebaubarkeit durch eine geänderte Planung neu eingeschätzt werden muss. Es entstehen pauschalierte Richtwertzonen, die häufig von Straße zu Straße, ja sogar von Grundstück zu Grundstück erheblich abweichen können. Eine genauere Einschätzung erfolgte bisher durch ein individuelles Verkehrswertgutachten, dass dann – im gleichen Ductus bleibend – das einzelne Objekt bewertet. Während diese Vorgehensweise für Wert sichernde Beurteilungen – z.B. zur Vorbereitung einer Versteigerung – immer noch eine Rolle spielt, hat sie für den modernen Käufer nur noch marginale Bedeutung. In dem erstarkten Selbstbewusstsein eine eigene Beurteilung vornehmen zu wollen, welche Immobilie den persönlichen Anforderungskriterien-Katalog am besten erfüllt, treten Angaben zum Bodenrichtwert – das mag richtig oder falsch sein – völlig in den Hintergrund.
Frage: Ist das nicht für einen Käufer ein zusätzliches Risiko, wenn er ohne Verkehrswertgutachten kauft?
Antwort: Das Verkehrswertgutachten gibt ihm ja keinerlei Sicherheit, dass die Immobilie nach seinem Ankauf in vergleichbarer Größenordnung noch einmal verkäuflich sein würde. Insider können regelmäßig mitverfolgen, wie dramatisch Kaufpreise in den Keller rauschen können, obwohl ein Verkehrswertgutachten etwas ganz anders festgestellt hatte. Der Markt ist mittlerweile so durchmischt und aufgewühlt, dass aber auch das gegenteilige Phänomen mehr und mehr vorkommt: Immobilien gehen preislich „durch die Decke“, weil die Nachfrage so aufgeheizt ist, dass sich nur der als Käufer durchsetzen kann, der den besten Preis zahlt. Ganz unbeeinträchtigt davon, was ein Verkehrswertgutachten dazu meint. Wir sprechen daher lieber vom Marktwert und definieren diesen für  jede Immobilie aus der Perspektive der zugehörigen Zielgruppe neu. Vereinfacht würde ich sagen: da, wo eine spezielle Nachfrage – in engem zeitlichen Rahmen – genau auf ein entsprechendes Angebot stößt, „klingelt“ die Kasse für den Verkäufer. Aber auch nur da.
Frage: Woran orientiere ich mich dann als Käufer am besten?
Antwort: Wir raten Immobilienkäufern, immer so zu kaufen, dass sie sich von ihrer Immobilie im Alltag unterstützt fühlen. Die Immobilie muss als stimmiges Gesamtpaket daher kommen, das die Standortqualitäten, die Grundrissgestaltung, das äußere Erscheinungsbild UND die mögliche Inneneinrichtung sowie die „richtigen“ Ausstattungsmerkmale umfasst bzw. möglich macht. Je stimmiger das ist – man könnte auch sagen – je authentischer dies ist – desto größer ist der Wert der Immobilie. Für den aktuellen Käufer und ggfs. auch für einen Nachfolger.
Frage: Und welche Unterstützung lassen Sie Verkäufern einer derzeit nicht dem Zeitgeist entsprechenden Immobilie zukommen?
Antwort: Überall da, wo es die Standortqualitäten als sinnvoll erscheinen lassen, lohnt es sich, den Verkäufer davon zu überzeugen, ein stimmiges Konzept für die Kriterien heraus zu arbeiten, die der vorher festgelegten Käufer-Zielgruppe entsprechen. Es geht dabei um geänderte Grundrisse, energetische Aktualisierungen sowie Fragen der Innenarchitektur. Wenn für den potenziellen Käufer ersichtlich wird, wie sehr die Immobilie eigentlich seinen Bedürfnissen entgegen kommt und dass es bereits Spezialisten gibt, die seine Wünsche – bezogen auf dieses Kaufobjekt –  im Vorfeld zutreffend eingeschätzt haben, löst das regelmäßig eine starke Motivation aus, sich auf eine umfassende Re-Definition einzulassen. Danach ist es schließlich das, wonach er gesucht hat: seine dritte Haut, maßgeschneidert.
Das Interview führte: Heike Maria Bachus Architektin AKHFeng Shui-Expertin und Mitglied im Berufsverband für Feng Shui und Geomantie e.V. Inhaberin Büro Freunde schöner Räume Kooperationsmanagerin Netzwerkpartnerin von Aperto LifestyleWohnen http://bauen-fengshui.de http://malerische-wohnideen.de Loreleiring 11, 65197 Wiesbaden 0611-9877081  Email info@bauen-fengshui.de
Interviewpartnerin: Monika M. Rösler Vorstand und Gründerin der PPM Pole Position Marketing AG Immobilienmarketing für private und gewerbliche Eigentümer Suche – Verkauf – Suche ohne Makler – Konzeptentwicklung www.ppm-ag.com Am Wiesengrund 18, D-65510 Idstein06126 229356  Email ppm@ppm-ag.com