PTV unterstützt Forschungsprojekt SKRIBT zum Schutz kritischer Brücken und Tunnel / Erkenntnisse fließen in Simulationssoftware VISSIM ein
Welchen Bedrohungen sind Tunnel und deren Nutzer ausgesetzt? Dieser Frage ging SKRIBT nach. PTV hat das Forschungsprojekt unterstützt.
Karlsruhe, 05.08.2011. Welchen Bedrohungen können Tunnel und Brücken sowie deren Nutzer ausgesetzt sein? Und wie verhält sich der Mensch in solchen Notsituationen? Mit diesen Fragen hat sich das Forschungsprojekt SKRIBT auseinandergesetzt. Zehn Verbundpartner, darunter die PTV AG, haben sich in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Auftrag gegebenen Projekt für die zivile Sicherheit engagiert. Ende Juli endete es. Erkenntnisse daraus lässt der Karlsruher Software- und Consultinganbieter PTV in sein Verkehrssimulationstool VISSIM einfließen.
SKRIBT steht für „Schutz kritischer Brücken und Tunnel im Zuge von Straßen“. Ziel des Forschungsprojekts, dessen Projektträger die VDI Technologiezentrum GmbH ist, ist es, Gefährdungspotenziale für Brücken- und Tunnelbauwerke zu identifizieren und entsprechende bauliche, betriebliche sowie organisatorische Schutzmaßnahmen zu entwickeln. So betrachtet SKRIBT Bedrohungsszenarien wie Sturm, Überflutung, Hochwasser, Explosionen oder Brand. Im Rahmen der Projektbearbeitung werden Maßnahmen entwickelt, die präventiv sowie im Nachgang, beispielsweise bei Evakuierungen, wirken. „Der Schwerpunkt der PTV liegt dabei in der Herausarbeitung von Risiko- und Wirksamkeits-Kostenanalysen“, berichtet Verkehrsingenieur Dr.-Ing. Georg Mayer, verantwortlicher Projektmanager bei der PTV.
Um die Wirksamkeit von Maßnahmen überprüfen zu können, haben die Karlsruher Verkehrsexperten das hauseigene Simulationsmodell in VISSIM erweitert. Dabei findet die sogenannte numerische Strömungsmechanik Anwendung, auch Computational Fluid Dynamics (CFD) genannt. „Auf diese Weise können wir das Einwirken von Konzentrationen, Druck und Wärme auf einzelne Personen in Abhängigkeit der Intensität untersuchen“, erklärt Mayer. Darüber hinaus kommen neue verhaltens- und wahrnehmungsbasierte Ansätze zum Einsatz, die in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Psychologie der Universität Würzburg geschaffen wurden.
Die Realität abbilden
„Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Paul Pauli und Prof. Dr. Andreas Mühlberger von der Universität Würzburg hat ein psychologisches Modell erarbeitet, wie Menschen im speziellen Fall eines Tunnelbrandes auf die besonderen Gegebenheiten und Sinneseindrücke reagieren“, sagt Dr. Tobias Kretz, Produktmanager bei der PTV für VISSIM und Experte für Fußgängersimulationen. „Berücksichtigung findet hierbei auch die Beschilderung von Notausgängen und dass diese durch Brandrauch oder Hindernisse wie große Fahrzeuge verdeckt sein können.“ Auch Aspekte wie der mentale Zustand der Betroffenen spielen eine Rolle: Manche können beispielsweise die Beschilderung nicht mehr wahrnehmen und versuchen dann, die Tunneleinfahrt zu erreichen anstatt einen Notausgang zu nutzen, der in einen sicheren Bereich führt. Andere wiederum wiegen sich in Sicherheit und verlassen das eigene Fahrzeug nicht oder zu spät. All diese Szenarien fließen in das computergestützte Simulationsmodell ein. Experten können die Szenarien anschließend analysieren und visualisieren und auf dieser Grundlage Entscheidungen besser treffen.
Bedrohungsszenario Brand
Laut einer im Frühjahr 2011 veröffentlichten Umfrage der Bundesanstalt für Straßenwesen schätzen 42 Prozent der Befragten den Zeitraum, der ihnen für die Flucht zur Verfügung steht, länger ein, als er tatsächlich ist. „Bei einem Tunnelbrand ist Selbstrettung die beste Entscheidung. Nur wenige Minuten haben Betroffene in dieser Situation Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen“, sagt Mayer. Rettungskräfte bräuchten in der Regel länger, um vor Ort sein zu können. Solche Aspekte galt es im Rahmen von SKRIBT zu durchleuchten. Beispielsweise untersuchten die Experten Maßnahmen zur Fluchtwegkennzeichnung. „Hier müssen Betroffene in Notsituationen die Schilder rechtzeitig wahrnehmen, verstehen und interpretieren, um dann ihre Entscheidung zu treffen“, erklärt Mayer.
In SKRIBT wurden lediglich Einzelereignisse betrachtet. Sekundärereignisse sowie Überlagerungen hat das Forschungsprojekt bislang ausgeklammert. Was beispielsweise passiert, wenn auf einen Sturm ein Hochwasser folgt und eine Brücke überflutet, darauf geht SKRIBT nicht ein. Mit SKRIBT+ ist aber bereits ein Nachfolgeprojekt geplant, das die Modelle, insbesondere für Fluchtsimulationen, verfeinern soll. SKRIBT+ wird voraussichtlich im Herbst dieses Jahres starten.
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