In Deutschland wurden im Jahr 2010 5.713 Kinder unter 14 Jahren bei den Polizeibehörden als vermisst gemeldet. 113 Kinder davon sind bis heute unauffindbar, insgesamt sind es über die Jahre über 1.700 Kinder, die vermisst bleiben. Vermisste Kinder sind nicht nur potentielle Opfer von Straftaten, die wie die Fälle „Mirco“ oder „Madeleine McCann“ großes öffentliches Aufsehen erregen, sondern auch solche, die aus Heimen und von zu Hause weglaufen. Viele weggelaufene Kinder, vorsichtige Schätzungen gehen von bis zu 20.000 weggelaufenen und vermissten Kindern und Jugendlichen jährlich aus, werden statistisch nicht erfasst. Die Risiken und Leiden, denen diese sog. „Ausreißerkinder“, die überwiegend auf der Straße leben, ausgesetzt sind, sowie das gesamte Thema „Vermisste Kinder“ werden öffentlich, in der Politik und insbesondere in der für die Kinder zuständigen Jugendhilfe kaum wahrgenommen.
Auf EU-Initiativen aus dem Jahre 2008 hin wurde in vielen Mitgliedsländern die europaweite Hotline 116000, unterstützt durch Missing Children Europe etabliert. Diese Rufnummer wurde erst kürzlich von der Bundesnetzagentur an die Hamburger „Initiative Vermisste Kinder“ vergeben, die das Notruftelefon für Eltern und Kinder seit Ende August nun auch in Deutschland rund um die Uhr anbietet. Ein weiteres Mittel zum Auffinden vermisster Kinder wäre ein sog. „Child Alert System“, mit dem die Polizei unverzüglich die Öffentlichkeit alarmiert, sobald ein Kind vermisst gemeldet wird und sein Leben in Gefahr ist. Einbezogen werden dabei Radio- und TV-Stationen, Mobilfunkdienste, das Internet sowie öffentliche Informationsflächen z.B. auf Flughäfen oder Bahnhöfen.
„Im Gegensatz zu den USA, Kanada, Australien und vielen europäischen Nachbarn fehlen bislang in Deutschland solche erprobten Mittel, weil die Innenminister sich nicht einigen und sich auf die alleinige Zuständigkeit der Polizeibehörden berufen,“ kritisiert Georg Ehrmann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe. „Internationale Beispiele belegen, dass die modernen Kommunikationsmittel und die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung Kinderleben retten können. Deshalb braucht auch Deutschland dringend ein Child-Alert-System sowie eine bessere und grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Polizeibehörden, der Kinderschutzorganisationen sowie Hilfseinrichtungen für Straßenkinder. Wenn die Politik endlich den Anstoß aufgreift, ein bundesweites Child-Alert-System zu etablieren, wäre dies ein wirklich sinnvoller Beitrag der politisch Verantwortlichen zum diesjährigen internationalen Weltkindertag .“
Gemeinsam mit ihrem Partner Missing Children Europe, der europäischen Vereinigung für vermisste und sexuell missbrauchte Kinder, die in 17 Mitgliedstaaten der EU und der Schweiz aktiv ist, veranstaltet die Deutsche Kinderhilfe am internationalen Weltkindertag, kommenden Dienstag, 20.09.2011, in Brüssel ein Fachgespräch mit Vertretern der Europäischen Kommission, Politikern, Polizeibehörden und Experten aus Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Großbritannien und den USA zum Thema „Vermisste Kinder“. Durch die Vorstellung der positiven Beispiele und Maßnahmen anderer Länder in Brüssel soll auch in Deutschland der Stein für mehr Kinderschutz ins Rollen gebracht werden.
Die Internationale Organisation für vermisste und missbrauchte Kinder, ICMEC (International Center for Missing & Exploited Children), Partner der Deutschen Kinderhilfe, bei der sich neben den Königinnen Silvia von Schweden und Paola von Belgien die Eltern der vermissten Madelaine McCann engagieren, wird durch ihre Direktorin Caroline Humer vertreten, die ihrerseits Deutschland zur Zusammenarbeit und weitergehenden Anstrengungen, wie etwa der Etablierung eines Child-Alert-Systems aufruft.
Am 24.11.2011 wird die Deutsche Kinderhilfe in Zusammenarbeit mit Missing Children Europe im Deutschen Bundestag in Berlin eine nationale Folgekonferenz zum Thema „Vermisste Kinder“ veranstalten.
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Die Deutsche Kinderhilfe ist die nationale Kinderhilfsorganisation, die bundesweit ohne staatliche Gelder Hilfsprojekte fördert und als unabhängige Lobby für Kinder Stellung bezieht sowie Gesetzgebungsverfahren auf Landes- und Bundesebene begleitet.
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