Die deutsche Finanzbranche sieht die Vorschläge der Liikanen-Kommission für eine Reform des europäischen Bankenmarktes skeptisch. Das geht aus einer Branchenumfrage des Center for Financial Studies der Universität Frankfurt hervor, deren Ergebnisse der „Welt am Sonntag“ (E-Tag: 14. Oktober) vorliegen. Die von der Kommission vorgeschlagene Trennung zwischen dem Wertpapierhandel und dem übrigen Bankgeschäft schadet nach Ansicht von 39 Prozent der Befragten dem Modell der traditionellen Universalbank.
Besondere Unruhe herrscht unter den Vertretern der privaten Banken: Fast 80 Prozent von ihnen sehen sich durch die Trennbanken-Idee betroffen. Unter den befragten Sparkässlern sind es nur 15 Prozent, bei den Volks- und Raiffeisenbanken knapp zehn Prozent. Positive Effekte durch die Trennung erwartet nur eine kleine Minderheit der Befragten. Dagegen rechnen 43 Prozent mit geringeren Erträgen für die Banken, 31 Prozent mit sinkenden Mitarbeiterzahlen. Das liegt nach Ansicht von Institutsdirektor Jan-Pieter Krahnen in der Natur der Sache. „Ziel unserer Vorschläge ist, dass die Banken die Kosten einer Schieflage nicht mehr auf die Steuerzahler abwälzen können. Dadurch steigen aber die Kosten der Banken selbst, und das lässt die Erträge nun einmal eher schrumpfen als steigen“, sagte er der Zeitung. Krahnen war das einzige deutsche Mitglied in dem elfköpfigen Expertengremium, das EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier eingesetzt hatte und das seine Vorschläge vergangene Woche präsentierte. Die zweite Kernforderung der Fachleute ist ein neuer Risikopuffer in Form von speziellen Anleihen, die im Falle von Verlusten eines Kreditinstituts mithaften sollen. In der Umfrage unter rund 400 Finanzunternehmen hielt das allerdings nur knapp ein Drittel der befragten Banker für eine gute Idee, 40 Prozent lehnten die Maßnahme ab. Viele von ihnen halten es auch für schlicht nicht möglich, ausreichend Abnehmer für diese Spezialanleihen zu finden: Nur 27 Prozent der Bankenvertreter glauben, dass sich genug Käufer finden werden. Krahnen räumt ein, dass die Pläne der Kommission ambitioniert seien – schließlich sollen die Spezialanleihen ein ähnlich hohes Volumen erreichen wie das Eigenkapital der Institute. Der Finanzprofessor hält es aber für möglich, die nötigen Geldgeber aufzutreiben. Dazu müssten die Anleihen klar gekennzeichnet werden. „Von Investorenseite wird immer wieder betont, dass ein ausreichend großer Markt mit einem auskömmlich hohen Zinssatz nur dann entstehen kann, wenn das besondere Risiko dieser Papiere leicht erkannt werden kann“, sagte Krahnen. Allein ist er mit seiner Hoffnung auf genug Käufer nicht: Die Dienstleister der Finanzbranche, die das Institut ebenfalls befragt hat und die nicht selbst von den Vorschlägen betroffen sind, zeigen sich weniger skeptisch. 54 Prozent von ihnen glauben, dass sich ein Markt für die Risikopuffer-Anleihen finden lässt, nur knapp 20 Prozent schließen das aus. Angenehm seien die Vorschläge für die Branche nicht. Das sei unvermeidlich, sagt Krahnen. „Schließlich war die Ausgangslage völlig verfahren, der Karren steht seit der Finanzkrise im tiefen Treibsand – da reicht es nicht, nur einen anderen Gang einzulegen.“