Volkserzieher unterschätzen die Kompetenz der vernetzten Verbraucher
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Düsseldorf, 9. September 2011 – Die Agitation gegen Facebook, Google und Apple bekommt zunehmend einen provinziellen Anstrich, berichtet der Düsseldorfer Fachdienst Service Insiders. Aber das passt zur geschichtlichen Tradition des Paternalismus in Deutschland. Die Volkserzieher verbreiten den Irrglauben, dass wir nicht dazu in der Lage sind, eigenverantwortlich zu handeln: „Der Staat als Hüter der Sittlichkeit – das ist ein Vollbeschäftigungsprogramm für Heerscharen von Alarmrufern, Denunzianten und Anklägern“, so der Soziologie-Professor Wolfgang Sofsky. Privatheit, die den Namen verdient, umfasst auch die Freiheit vor unerbetener Belästigung, vor den Zwängen der Gemeinschaft, der Gesellschaft und des Staates. Die staatlichen Datenschützer mutieren immer mehr zu nervigen Wachposten der Fürsorge. Ich möchte aber von diesen Moralaposteln in Ruhe gelassen werden – auch das ist ein Freiheitsrecht!
Intelligente Agenten gegen die Datenflut
Die gleichen Datenschutz-Hysteriker, die Warnschilder gegen die Internet-Giganten aufstellen und Social Plugins wie den Gefällt mir-Button von Facebook als Verführungstechnologien abstempeln, sprechen vom Problem der Datenflut und den gehirnschädlichen Auswirkungen der Netzwelt. Dabei verschaffen gerade die Technologien zur Personalisierung von Daten Ordnung im digitalen Dschungel. Eigentlich dachten viele Experten, dass es erst in rund fünf bis zehn Jahren möglich sein werde, intelligente Software-Assistenten einzusetzen, die unser Verhalten täglich beobachten, daraus ein Profil bilden und unsere Daten weitergeben. Doch mit der App-Economy und ausgefeilten Analyseverfahren ist das heute schon möglich. Der Nutzen dieser virtuellen Helfer liegt auf der Hand: Wir können bessere Fernsehprogramme und Musik im Radio, interessantere Nachrichten, Sonderangebote und personalisierte Werbung abrufen – zugeschnitten auf unsere Vorlieben. Schluss mit der massenmedialen Berieselung. Aber gerade die personalisierten Dienste werden unter Generalverdacht gestellt: „Je subtiler die Werbebotschaft, je weniger sie als solche erkennbar ist, desto eher fallen wir darauf herein. Da die Grenzen des optischen Flächenbombardements sowohl im öffentlichen Raum als auch auf Webseiten mittlerweile erreicht sind, verlagert sich der Fokus mehr und mehr auf die Kontamination des täglichen persönlichen Informationsstroms. Längst geht es im Netz nicht mehr nur um Partizipation, Informationsaustausch und Unterhaltung. Es ist die Spielwiese vielfältiger kommerzieller Anbieter“, warnen die Chaos Computer Club-Sprecher Constanze Kurz und Frank Rieger in ihrem Opus „Die Datenfresser“.
Vernetzte Verbraucher erwarten mehr Sein als Schein
Die Autoren unterschätzen die Kompetenz der vernetzten Verbraucher. „Nutzer teilen Inhalte nicht, wenn sie ihnen nicht vertrauen“, schreibt Salima Richard in dem Beitrag „Psychologische Studie: Warum wir Inhalte im Netz teilen“ http://trickr.de/psychologische-studie-warum-wir-inhalte-im-netz-teilen/. Wer dem Kunden nicht regelmäßig Mehrwert biete, gerät schnell in Vergessenheit. „Der vernetzte Verbraucher erwartet heute mehr Sein statt Schein“, bestätigt die Marketingprofessorin Heike Simmet.
Wer sich in der Medien- und Informationsgesellschaft bewegt, weiß um den besonderen Wert seiner persönlichen Daten. Er entscheidet selbst, wie viel er bereit ist, von sich preiszugeben, um von Angeboten zu profitieren, die für ihn relevant und nützlich sind. Der Wunsch nach einer Personalisierung von Unterhaltungsangeboten, Diensten und Produkten lässt sich in den meisten Fällen nur über die Weitergabe und Verwendung von Nutzerprofilen erfüllen: Wir können nicht das eine ohne das andere haben. Besonders die Beziehung zwischen Konsument und Medienwirtschaft wird noch stärker als bisher auf diesem Tauschgeschäft beruhen. Entertainment und Content werden mit der Preisgabe persönlicher Informationen bezahlt. Entscheidend dabei ist, dass für den Kunden der Nutzen aus diesem Geschäft überwiegt, Leistung und Gegenleistung zumindest im Einklang stehen. Das hat Professor Wolfgang Wahlster vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) sehr schön auf den Punkt gebracht: Man muss seine privaten Vorlieben mit anderen teilen, wenn man denn besser bedient werden wolle. Wie sonst könne einem im Tante Emma-Laden ein neuer Bordeaux zur Verkostung vorgeschlagen werden, wenn man dort nicht wisse, dass man als Kunde gerade auf Rebsorten aus dieser Weinregion besonders erpicht sei.
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