Bewegung kann der Entwicklung von Demenz etwas entgegensetzen: Im Anfangsstadium fördert körperliche Aktivität die kognitiven und funktionellen Fähigkeiten sowie das seelische Wohlbefinden der Betroffenen. Bewegungsfreude kann aber das Risiko einer frühzeitigen Pflegebedürftigkeit und vorzeitigen Ablebens nicht verringern, berichteten Experten beim Europäischen Neurologiekongress in Berlin.
Berlin, 23. Juni 2015 – Bewegung scheint ein wesentlicher Faktor zu sein, um bei demenzkranken Menschen den Abbau der kognitiven und funktionellen Fähigkeiten zu verlangsamen. Körperliche Aktivität verbessert auch das seelische Befinden der Patienten. Das legen aktuelle Studien nahe, die heute beim 1. Kongress der European Academy of Neurology (EAN) in Berlin vorgestellt wurden. Mehr als 6.500 Experten aus aller Welt diskutieren vom 20. bis 23. Juni in der deutschen Bundeshauptstadt neueste Entwicklungen ihres Fachgebiets. „Körperliches Training kann eine wirksame Behandlungsoption bei Menschen sein, die an leichter bis mittelschwerer Demenz leiden und bereits medikamentös behandelt werden“, so Dr. Ana Capisizu (Universität Bukarest, Rumänien). „Regelmäßige Bewegung trägt dazu bei, die kognitiven und funktionellen Fähigkeiten der Patienten zu verbessern. Sie wirkt sich auch vorteilhaft auf Gemütsstörungen aus und kann zum Beispiel depressive Verstimmungen reduzieren.“ Die Expertin stützt ihre Einschätzung auf eine aktuelle Studie ihres Teams, an der 40 Personen teilgenommen hatten. Die Probanden litten an leichten bis mittelschweren Formen von Demenz und wurden in regelmäßigen Abständen einer Reihe von Tests unterzogen. Ein Teil der Gruppe absolvierte ein begleitendes Bewegungsprogramm. Nach zwölf Wochen stellte sich heraus, dass die körperlich aktiven Patienten deutlich besser bei jenen Tests abschnitten, die Denkfähigkeit, Lebensqualität und körperliche Leistungsfähigkeit überprüften.
Körperlich aktive Patienten schneiden bei vier von fünf Tests besser ab
Ein ähnliches Resultat liefert eine aktuelle dänische Studie: Mehr als 300 Personen, die an einem frühen Stadium von Alzheimer-Demenz litten, durchliefen zu Studienbeginn und ein Jahr später eine umfangreiche Testreihe. Es stellte sich heraus, dass Patienten, die mehr als vier Stunden pro Woche Bewegung machten, bei vier von fünf Tests signifikant bessere Werte aufwiesen. Dazu Studienautor Dr. Kristian Steen Frederiksen (Dänisches Demenzforschungszentrum, Rigshospitalet, Kopenhagen): „Der Zusammenhang zwischen Bewegung und Lebensqualität zeichnete sich deutlich ab. Die körperlich aktiven Patienten litten außerdem seltener unter neuropsychiatrischen Symptomen wie Apathie und Angsstörungen, die bei Alzheimer-Demenz oft auftreten. Außerdem waren sie besser zu alltäglichen Verrichtungen in der Lage als die anderen.“
Keine höhere Lebenserwartung
So positiv sich Bewegung auch im Frühstadium der Erkrankung auch auf Symptome auswirken mag: Eine weitere Auswertung derselben Patientendaten über drei Jahre hinweg zeigte, dass körperliche Aktivität auf zwei wesentliche Punkte keinen Einfluss hat, wie Dr. Frederiksen erläuterte: „Alzheimerpatienten werden früher als nicht-demente Gleichaltrige pflegebedürftig und müssen früher institutionell betreut werden. Obwohl wir hinsichtlich der Notwendigkeit einer Pflegeheimbetreuung kleine Unterschiede fanden, können unserer Daten nicht belegen, dass Bewegung diese Entwicklung beeinflussen könnte. Körperlich aktive Alzheimerpatienten werden genauso schnell pflegebedürftig wie inaktive und es gibt auch keinen Hinweis, dass sie eine höhere Lebenserwartung hätten.“
Quellen: EAN-Abstracts Frederiksen et al, Physical activity as a predictor of clinical course in mild AD: the Danish Alzheimer´s Intervention Study; Frederiksen et al, Impact of physical activity on nursing home placement and mortality in mild Alzheimer´s Disease: the Danish Alzheimer´s disease Intervention StudY (DAISY); Capisizu et al, Effectiveness of Physical Exercise Training in Elderly with Mild to Moderate Dementia.
EAN Pressestelle
B&K – Bettschart&Kofler Kommunikationsberatung
Dr. Birgit Kofler
Tel.: +43 1 3194378; +49 172 7949286; +43 676 6368930
E-Mail: kofler@bkkommunikation.com