von Malin Baruschke – OPTIMUS Redaktion
Die Sportler der DDR brillierten weltweit mit Erfolgen. Sie stellten eine im Vergleich zur Bevölkerung des Landes überproportionale Anzahl an Weltrekorden in vielen Sportarten auf und glänzten vor allem beim Schwimmen, dem Eiskunstlauf, der Leichtathletik und im Radsport. Die Athleten der DDR gewannen 203 Goldauszeichnungen und insgesamt 755 Olympiamedaillen. Leistungssportler wurden als Volkshelden gefeiert. Sie waren das Aushängeschild der DDR – Regierung. Nach dem Zusammenbruch des Staates erlangten Dopingskandale die öffentliche Aufmerksamkeit. Im Rahmen eines staatlich organisierten Dopingprogramms mit der Bezeichnung „Staatsplanthema 14.25“ wurden die Sportler teils ohne das Wissen ihrer Trainer und Sportärzte gedopt. Trotz dieser Negativseiten waren die sportpolitischen Reaktionen verhalten. Und auch für die breite Masse der Gesellschaft standen die Erfolge der Athleten im Vordergrund.
Der perfekt entwickelte Hochleistungssport wurde von der Öffentlichkeit geliebt und gehuldigt. Doch was war mit denen, die Sport einfach nur „als Hobby“ betrieben? Robert Brichta beschäftigt sich in seinem Buch „DDR Breitensport als eigensinnige Gesellschaftliche Erscheinung“ mit den Sportlern, die sich nicht dem Wettbewerb und damit der allgemeinen Aufmerksamkeit hingaben. Er zieht die „eigensinnige gesellschaftliche Erscheinung“ des Breitensportlers ans Tageslicht.
In der DDR gab es ein staatliches Förderprogramm, wodurch international gefeierte Sportarten gezielt gepflegt und gefördert wurden. Massen- und Mannschaftssport waren dabei nicht mit inbegriffen. Was macht den Breitensport also für eine Person attraktiv, die einem System angehört, dessen Mitstreiter von einer allgemeinen Erfolgsverliebtheit geblendet sind? In diesem Sinn stellt Brichta die Frage, ob der Breitensport eine Nische zur freien Entfaltung der Individualität bildet, hervorgerufen durch reduzierte Förderung gegenüber dem Leistungssport. Es entsteht die Vermutung, dass Nicht – Leistungssport eine Gegenbewegung zum Leistungssport bildet, welche ihren Sinn auf die Untergrabung des politischen Einflusses auf den Sport richtet. Jedoch ist auch der Breitensport kein herrschaftsfreier Raum. Der Autor geht hier auf die Wechselwirkungen zwischen Alltagssport und der politischen sowie sozialen Realität ein. Dabei beleuchtet er, wie sich die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Breitensports unter gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen veränderten.
Robert Brichta studierte an der Humboldt Universität Berlin Neue sowie Alte Geschichte und Politikwissenschaften mit dem Schwerpunkt DDR – Sport. So bringt er in seiner Arbeit, im Rahmen des Dissertationsprojektes „Schwimmsport in der DDR“ am Lehrstuhl der Universität Potsdam, fundiertes geschichtliches Hintergrundwissen gepaart mit sportlichem Enthusiasmus zu einer Arbeit zusammen, die mit vorherrschenden Deutungsmustern auf interessante Art und Weise bricht.