Das neue AÜG. Arbeitgeber können zufrieden sein.

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Stefan Bell, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Nach kontroversen Diskussion im Gesetzgebungsverfahren zum neuen AÜG tritt es jetzt zum 01.04.2017 in Kraft. Prekäre Arbeitsverhältnisse beenden wird es nicht.

Überlassungshöchstdauer 18 Monate?
Nach dem ab 01.04.2017 geltenden neuen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) dürfen einzelne Leiharbeitnehmer nicht mehr als 18 Monate auf demselben Arbeitsplatz bei einem Entleiher arbeiten – grundsätzlich. Bei Überschreiten der neuen Überlassungshöchstdauer ist das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer unwirksam. Kraft Gesetzes entsteht in diesem Fall ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer. Tarifverträge oder auch Betriebsvereinbarungen können jedoch Abweichungen vorsehen, die eventuell einen – gegenüber den 18 Monaten deutlich – längeren Einsatz von Leiharbeitnehmern ermöglichen. Sofern der Tarifvertrag eine Öffnungsklausel für Betriebsvereinbarungen enthält, können auch nicht tarifgebundene Einsatzunternehmen davon Gebrauch machen, allerdings nur bis zu einer Überlassungshöchstdauer von 24 Monaten. Für tarifgebundene Einsatzunternehmen gilt diese zeitliche Grenze nicht.

Die für einzelne Leiharbeiter geltende Obergrenze von 18 Monaten spielt aber in der Praxis keine Rolle: das AÜG verbietet nämlich nicht einen Austausch der Leiharbeiter auf demselben Arbeitsplatz. Es wird künftig wieder möglich sein, einen Arbeitsplatz dauerhaft mit wechselnden Arbeitnehmern zu besetzen. Die Begrenzung auf 18 Monate bezieht sich nur auf einzelne Arbeitnehmer, sie verbietet nicht, durch permanenten Austausch den Arbeitsplatz dauerhaft mit Leiharbeitnehmern zu besetzen. Dies ist nicht nur ein eklatanter Verstoß gegen EU-Recht, sondern auch für die Betroffenen eine deutliche Verschlechterung.

Eigentlich soll Leiharbeit nur „vorübergehend“ erfolgen. Dieser Grundsatz ist in der EU-Leiharbeitsrichtlinie verankert. Und die Rechtsprechung hatte in den letzten Jahren klargestellt, dass die Besetzung von Arbeitsplätzen beim Entleiher nur bei einem vorübergehenden Beschäftigungsbedarf zulässig und eine Besetzung von Dauerarbeitsplätzen untersagt sei. Ein Missbrauch – wie beim Schlecker-Skandal – war dadurch zuletzt ausgeschlossen. Durch das neue AÜG wird aber diese Schlecker-Praxis wieder legalisiert

Equal Pay nach 9 Monaten?
„Equal Pay“ bedeutet gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Diesen Grundsatz hat das neue AÜG jetzt gesetzlich verankert. Nach 9 Monaten sollen Leiharbeitnehmer das gleiche Entgelt erhalten wie die Stammbelegschaft. Aber: Allenfalls ein Viertel der Leiharbeitnehmer arbeitet überhaupt länger als neun Monate, die restlichen drei Viertel werden somit vom Gleichstellungsgrundsatz ausgenommen. Außerdem gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nach der EU-Leiharbeitsrichtlinie schon ab dem ersten Tag eines Einsatzes, danach hat der Leiharbeiter einen Anspruch auf die für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden Arbeitsbedingungen – einschließlich des Arbeitsentgelts. Und zwar ab dem ersten Tag, an dem der Leiharbeiter im Betrieb beschäftigt ist. Die nun eingeführte Regelung für ein Equal Pay nach erst 9 Monaten stellt deshalb eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem EU-Recht dar.

Leiharbeitnehmer zählen und wählen
Im neuen AÜG ist geregelt, dass Leiharbeitnehmer im Entleihbetrieb bei zahlreichen betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten mitzählen und damit Berücksichtigung im Betrieb des Entleihers finden (§ 14 Abs. 2 Satz 4 und 5 AÜG): Leiharbeitnehmer sind folglich im Rahmen des BetrVG, des Europäischen Betriebsrätegesetzes und der Mitbestimmungsgesetze mitzuzählen, wenn eine Norm eine bestimmte Beschäftigtenzahl voraussetzt. Das bezieht sich z.B. auf die Schwellenwerte der §§ 9 und 38 BetrVG. Ausdrücklich ausgenommen sind die Schwellenwerte des § 112a BetrVG, der aber nur die Frage betrifft, ob eine Betriebsänderung in Form einer reinen Personalreduzierung sozialplanpflichtig ist. Es geht darum, die Einbeziehung von Leiharbeitnehmern nicht zum Nachteil der Stammbelegschaft wirken zu lassen. Bezöge man Leiharbeitnehmer auch bei der Berechnung nach § 112a BetrVG ein, so erhöhte sich dadurch nur der Bezugswert für die dort genannten Prozentzahlen. Dadurch könnte bei bestimmten Betriebsänderungen die Sozialplanpflicht entfallen. Bei allen anderen Betriebsänderungen des § 111 BetrVG werden die Schwellenwerte (§ 17 KSchG) von dieser Ausnahme jedoch nicht erfasst!

Fazit:
Für Leiharbeitnehmer ergeben sich aus der Reform des AÜG keine spürbaren Verbesserungen: die Zahl der AN in solchen prekären Arbeitsverhältnissen wird durch die neuen Regelungen wohl kaum reduziert werden. Auch eine bessere Bezahlung ist in weite Ferne gerückt. Die durch die Hartz-Gesetze eingeführten Regelungen zu Lasten von Stammbelegschaften werden eher verschlechtert als verbessert.

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