Pflichten von Selbstständigen im Reisegewerbe
Als Reisegewerbe bezeichnet man eine selbstständige gewerbliche Tätigkeit, die nicht in festen Geschäftsräumen ausgeübt wird und keine gewerbliche Niederlassung erfordert. Dabei kann es sich um das Anbieten von Waren oder Leistungen ohne vorherige Bestellung oder um unterhaltende Tätigkeiten als Schausteller handeln. Wer im Reisegewerbe tätig ist, benötigt nach § 55 Gewerbeordnung eine Reisegewerbekarte. Viele Handwerksberufe werden im Reisegewerbe betrieben und unterliegen damit in der Regel nicht dem Meisterzwang.
Fall 1: Goldankauf im Bäckereicafe
Ein Händler, der mit Edelmetallen und Schmuck handelte, kaufte auch Gold an. Dies passierte oft im Rahmen von regelmäßigen Ankaufsaktionen außerhalb seines Ladengeschäfts an unterschiedlichen Orten, u.a. in einem Bäckereicafe. Er wurde nun von einem anderen Edelmetallhändler abgemahnt, weil dieser die Goldankaufsaktionen im Cafe für wettbewerbsrechtlich unzulässig hielt. Der Abgemahnte zog vor Gericht, um die Rechtmäßigkeit seiner Geschäfte feststellen zu lassen. Das Oberlandesgericht Schleswig bestätigte jedoch, dass hier wettbewerbswidriges Handeln vorlag: Der Händler kaufe gewerbsmäßig, außerhalb seiner Niederlassung und „ohne vorherige Bestellung“ Waren an. Damit handle er im Reisegewerbe. Im Reisegewerbe sei aber nach §§ 56 Abs. 1 Nr. 2a Gewerbeordnung der Ankauf von Gold nicht zulässig. Der Händler habe dies künftig zu unterlassen.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24.04.2012, Az. 6 U 6/11
Fall 2: Unzuverlässigkeit verhindert Reisegewerbe
Ein Veranstalter von Kaffeefahrten hatte eine Reisegewerbekarte beantragt. Die zuständige Behörde lehnte den Antrag jedoch ab: Der Mann war zuvor an der Organisation von Kaffeefahrten beteiligt gewesen, bei denen Personen für den Fall der Teilnahme Gewinnversprechungen gemacht und nie eingehalten wurden. Der Antragsteller sei beim Entleeren von Postfächern gesehen worden, die die Anschrift des entsprechenden „Unternehmens“ seien. Damit sei eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit gegeben. Seine Klage vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg war erfolglos. Das Gericht betonte, dass Gewinnversprechungen der vorliegenden Art nur gemacht würden, um leichtgläubige oder geschäftlich unerfahrene Personen zu übervorteilen. Gerade dies solle durch die Regelungen der Gewerbeordnung verhindert werden. Da der Kläger als gewerberechtlich unzuverlässig gelte, könne ihm gemäß § 57 Gewerbeordnung keine Reisegewerbekarte erteilt werden.
Verwaltungsgericht Oldenburg, Urteil vom 22.04.2010, Az. 12 A 1106/09
Fall 3: Reisender Handwerker mit Homepage
Ein Dachdecker war im Reisegewerbe tätig. Er betrieb eine Homepage, auf der er einige Leistungen bewarb. Ein Handwerksverband verlangte von ihm, den Internetauftritt einzustellen. Dieser sei irreführend und wettbewerbswidrig, weil der Eindruck entstehe, dass der Mann ein stehendes Gewerbe betreibe. Das Oberlandesgericht Frankfurt/M. war jedoch anderer Meinung. Ein Unterlassungsanspruch stünde dem Verband nicht zu. Zwar gebe es eine gewisse Gefahr, dass Internetnutzer fälschlich zu der Ansicht kämen, der Dachdecker betreibe ein stehendes Gewerbe und sei in die Handwerksrolle eingetragen. Aber: Auf der Internetseite würden nur Leistungen aufgeführt, die nicht den Betrieb eines stehenden Dachdeckerhandwerkes voraussetzten (Beratung bei Auswahl und Verkauf von geeigneten Baustoffen rund ums Haus, Bauwerksabdichtung, Dachschmuck…). Überdies werde auf den Internetseiten mehrfach betont, dass die Tätigkeit im Reisegewerbe stattfinde. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Mann sich bei Kontaktaufnahme durch Nutzer seiner Homepage rechtswidrig verhalte, indem er diesen ein Angebot für Dachdeckerleistungen mache. Es sei dem Beklagten nicht zuzumuten, noch deutlicher klarzustellen, dass er kein stehendes Gewerbe betreibe und nicht in die Handwerksrolle eingetragen sei.
Oberlandesgericht Frankfurt/M., Urteil vom 03.12.2009, Az. 6 U 178/08
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