Nach Einschätzung von Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, wird Griechenland wahrscheinlich dauerhaft nicht in der Euro-Zone bleiben. „Vermutlich wird Griechenland der Währungsunion in fünf Jahren nicht mehr angehören“, sagte Krämer „Handelsblatt-Online“. Die beiden pro-europäischen Traditionsparteien verfügten im Parlament zwar über eine absolute Mehrheit und dürften sich auf eine gemeinsame Regierung verständigen.
Deshalb werde die Staatengemeinschaft die nächste Tranche der Hilfskredite freigeben. Aber auf Dauer werde die griechische Bevölkerung die auferlegten Reformen und Sparmaßnahmen nicht mittragen. „Griechenland dürfte selbst gelockerte Auflagen nicht erfüllen. Will sie ihre Glaubwürdigkeit nicht vollständig verlieren, wird die Staatengemeinschaft irgendwann gezwungen sein, Griechenland den Geldhahn zuzudrehen. Der griechische Staat wäre dann rasch pleite“, sagte Krämer. Die Euro-Zone wird nach Meinung Krämers auch nach einem Austritt Griechenlands nicht auseinanderfallen. „Der Euro wird überleben, weil die politischen und wirtschaftlichen Eliten von seiner Weiterexistenz abhängen“, sagte Krämer. Die verbliebene Währungsunion werde allerdings zu einer Transfer- und Haftungsunion mutieren. „Wirtschaftlich schwache Länder, die sich mehrheitlich Reformen verweigern, werden auf Kosten wirtschaftlich stärkerer Länder leben. Das schwächt die Währungsunion als Ganzes, weil die unvermeidlich steigende Steuerlast die Anreize zum Arbeiten und Investieren lähmt. Die Inflation wird deutlich steigen, weil die Europäische Zentralbank zu nahe an die Finanzminister gerückt ist und zu viel Geld in Umlauf bringt“, sagte Krämer.