Caritas unterstützt selbständiges Wohnen

Verweigerung von Wohnzuschuss gefährdet selbständiges Wohnen von behinderten Menschen

Stuttgart / Freiburg, 2. Dezember – In ihrer eigenen Wohnung zu leben, das ist schon seit Jahren der große Wunsch von Carla S. (Name geändert). Sie ist behindert und kam mit Downsyndrom zur Welt. Nun hatte die 23-Jährige die seltene Chance, in ein Mehrgenerationenhaus zu ziehen. Dort hat sie die notwendige Versorgung und kann ihren Arbeitsplatz aufsuchen. Unterstützung im Alltag erhält sie durch eine Assistentin. Allerdings will nun das ortsansässige Jobcenter die Kosten für Wohnen und Heizung nicht übernehmen. Da Carla S. bei einer Beschäftigungsfirma mit einem monatlichen Verdienst von 476 Euro arbeitet, ist sie Aufstockerin und kann die Wohnungskosten auch nicht aus eigener Tasche bezahlen.

Wollen junge behinderte Erwachsene in ihre eigenen vier Wände ziehen, scheitert dies häufig an den finanziellen Mitteln und an bürokratischen Hürden: Wenn der junge Mann oder die junge Frau jünger als 25 Jahre alt ist, bezahlt die Agentur für Arbeit nicht für Unterkunft und Heizung. Damit werden die jungen Menschen mit Behinderung mit arbeitslosen jungen Hartz-IV-Beziehern gleichgestellt. Bis zum Alter von 25 Jahren – so schreibt es das Gesetz vor – müssen sie in der elterlichen Wohnung wohnen, wenige Ausnahmen ausgenommen. Je nachdem, wo die behinderten jungen Menschen angestellt sind, muss statt der Agentur für Arbeit die auf Landkreisebene angesiedelte Eingliederungshilfe für die Wohnkosten aufkommen.

Die Caritas in Baden-Württemberg unterstützt das selbständige und selbstbestimmte Wohnen von jungen behinderten Menschen. „Grundsätzlich haben Menschen mit Behinderung ein Recht darauf, selbst wählen zu können, wo und mit wem sie leben“, erklären die Caritasdirektoren Johannes Böcker (Rottenburg-Stuttgart) und Bernhard Appel (Freiburg) anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember. Der Weg in die eigenen vier Wände sei lang und bedürfe wie bei Carla S. der Unterstützung durch die Eltern.

Die Erfahrung der Caritas zeigt: Für junge behinderte Menschen ist es sehr schwer, eine bezahlbare und behindertengerechte Wohnung oder Wohnmöglichkeit in einer WG zu finden. Ergebe sich eine Möglichkeit für ein selbständiges Leben, dürfe diese Chance nicht verpasst werden. „Wird das selbständige Wohnen dieser jungen Menschen nicht unterstützt, ergeben sich in der Zukunft ungeheure Mehrkosten“, betonen die Caritasdirektoren. Denn ein stationärer Platz koste drei bis vier Mal so viel wie eine eigene kleine Wohnung.

Werde das selbständige Wohnen aber nicht frühzeitig zwischen 20 und 30 Jahren eingeübt, sei irgendwann das Zeitfenster für eine gelingende Ablösung vom Elternhaus verpasst, betont Steffen Müller von der Stiftung Haus Lindenhof in Schwäbisch Gmünd, der die Beratung von behinderten Menschen organisiert. Eine dauerhafte Abhängigkeit von den Eltern könne entstehen. „Werden die Eltern selbst zum Pflegefall und müssen die behinderten Menschen erst im Alter von 50 ausziehen, ist dies oft mit starken psychischen Einbrüchen und großen Krisen bei den betroffenen behinderten Menschen verbunden.“

Um junge behinderte Menschen mit dem eigenständigen Wohnen bekannt zu machen, führen Förderschulen und auch die Behindertenhilfe spezielle Wohntrainings durch, die die behinderten jungen Menschen an Fragen der Haushaltsführung wie Kochen oder Einkaufen heranführen.

Mit der diesjährigen Jahreskampagne „Kein Mensch ist perfekt. Behinderte Menschen: Menschen wie du und ich“ macht sich die Caritas für den Leitgedanken der Inklusion stark. Inklusion meint das selbstverständliche und gleichberechtigte Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung. Dies beinhaltet aus Sicht der beiden Caritasverbände der Diözese Rottenburg-Stuttgart und für die Erzdiözese Freiburg das selbständige und selbstbestimmte Wohnen von Menschen mit Behinderung.

Als Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche vertritt die Caritas in Baden-Württemberg über 3.900 Einrichtungen mit mehr als 180.000 Plätzen in unterschiedlichen Hilfefeldern, in denen 59.000 Mitarbeiter/innen tätig sind.

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