Welche Rechte kann der Arbeitnehmer geltend machen?
Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Rechtsanwalt Dr. Attila Fodor, Berlin.
Viele Arbeitnehmer in Deutschland leisten Überstunden. Eine aktuelle Studie belegt, dass 13 % aller deutschen Büroangestellten mehr als 11 Stunden täglich im Büro verbringen. Für die Arbeitnehmer stellt sich die Frage, was ihre Rechte sind. Darf der Arbeitnehmer Überstunden anordnen? Wenn ja: Ist die Anzahl der Überstunden, die der Arbeitgeber anordnen darf, gesetzlich begrenzt? Was wenn der Arbeitnehmer viele Überstunden hat? Darf er zusätzlichen Lohn verlangen?
Das Arbeitszeitgesetz regelt die rechtlichen Fragen rund um das Thema Überstunden. Mehr als 8 Stunden bzw. 10 Stunden werktäglich in Ausnahmefällen, darf grundsätzlich nicht gearbeitet werden. Eine werktägliche Arbeitszeit von 10 Stunden – also bis zu 60 Stunden pro Woche – darf nur für einen relativ kurzen Zeitraum vereinbart werden. Innerhalb von 6 Monaten oder 24 Wochen muss die Arbeitszeit nach Phasen der kürzeren Arbeitszeit dann auf ein Mittelmaß von 8 h/werktäglich fallen. Zwischen den Arbeitszeiten muss grundsätzlich eine Ruhezeit von 11 Stunden liegen. In Tarifverträgen kann etwas anderes geregelt sein, zum Beispiel wenn die Arbeitszeit regelmäßig Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst erfordert oder für Schicht- und Verkehrsbetriebe.
Der Arbeitgeber darf Überstunden grundsätzlich nur dann anordnen, wenn dies im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag so vorgesehen ist. Darüber hinaus darf der Arbeitgeber kraft seines Weisungsrechts nur in Notfällen Überstunden anordnen und dann auch nur in einem für den Arbeitnehmer erträglichen Maß. Die Überstunden müssen grundsätzlich gezahlt werden. Arbeitsvertragliche Reglungen, dass alle Überstunden mit dem Bruttogehalt abgegolten sind, sind regelmäßig unwirksam, so das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit einer Entscheidung vom 3.6.2010, Aktenzeichen: 15 Sa 166/10.
Für einen Anspruch auf Vergütung ist aber erforderlich, dass eine Vergütung der Überstunden zu erwarten ist. Dies ist für die meisten Tätigkeiten grundsätzlich der Fall, nicht jedoch bei manchen speziellen akademisch geprägten Berufsgruppen, wie etwa Chefärzte oder Rechtsanwälte (der Bundesgerichtshof lehnte einen Anspruch auf Abgeltung von Überstunden durch einen angestellten Rechtsanwalt mit Urteil vom 17.8.2011, Aktenzeichen 5 AZR 406/10, ab).
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer: Schreiben Sie Ihre Überstunden auf. Wenn es einmal zum Streit kommen sollte, reicht es grundsätzlich aus, dem Gericht Anfang und Ende der Arbeitszeit einschließlich der Pausen für die jeweiligen Tage und Wochen anzugeben. Der Arbeitgeber muss dann nachweisen, dass der Arbeitnehmer die Überstunden nicht abgeleistet hat. Das ist für den Arbeitgeber regelmäßig nicht einfach.
Fachanwaltstipp Arbeitgeber: Wenn einer Ihrer Mitarbeiter zu lange im Büro sitzt, sollten Sie gegebenenfalls deutlich darauf hinweisen, dass Sie die Überstunden nicht dulden. Wenn Ihr Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nicht innerhalb der Arbeitszeit ausführen kann, kommt gegebenenfalls eine Abmahnung wegen schlechter Arbeitsleistung in Frage und im Extremfall eine verhaltensbedingte Kündigung.
1.12.2011
Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Rechtsanwalt Dr. Attila Fodor, Berlin
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