Nach der Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn durch die Brüsseler EU-Kommission wegen Verstößen gegen europäische Regeln erhöht die Bundesregierung ihren Druck auf die Regierung von Ministerpräsident Victor Orban. Der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Markus Löning (FDP), sagte der Zeitung „Die Welt“ (Mittwochausgabe): „Ich bin sehr besorgt um die Unabhängigkeit der Justiz und die Entwicklung der Meinungsfreiheit in Ungarn. Die Bundesregierung erwartet, dass alle Reformen in Ungarn in Respekt vor den europäischen Werten angegangen werden. Es kann kein Durchregieren in einer Demokratie geben.“
Das Mediengesetz müsse überarbeitet werden, es verbreite „einen Geist der Angst“, forderte Löning. „Es muss Meinungsvielfalt in Ungarn geben“, sagte der Beauftragte der Bundesregierung. Ungarn sei Teil der europäischen Familie. Löning kritisierte auch, dass die Regierungspartei Fidesz überall Gefolgsleute platziere, die mit ungewöhnlich langen Mandaten versehen würden. Hintergrund: Die EU-Kommission hatte am Dienstag Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eröffnet. Die Vertragshüter sehen in drei Punkten europäische Regeln verletzt: bei der Kontrolle über die Zentralbank, beim Eingriff in die Justiz und bei der Beschneidung des Datenschutzes. Am heutigen Mittwoch will Ministerpräsident Orban im EU-Parlament Stellung beziehen zu den Reformen in seinem Land. Orban hatte sich selbst eingeladen.