Die Länderchefs wollen trotz ihres Bekenntnisses zu einem koordinierten Vorgehen bei der Energiewende nicht von ihren Zielen abrücken. So will etwa das Land Schleswig-Holstein an seinen Plänen zum Ausbau der Windkraft festhalten. „Es liegt doch auf der Hand, dass wir den Wind in erster Linie dort ernten, wo er am stärksten weht, und das ist nun mal eindeutig im Norden der Republik der Fall“, sagte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) dem „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe).
Ähnlich äußerte sich der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (CDU): „Die Energiewende kann nur gelingen, wenn wir die Windkraft an Land und auf hoher See weiter ausbauen“, sagte er dem „Handelsblatt“. Am Freitag empfängt Bundeskanzlerin Angela Merkel die Länderchefs zu einem Energiegipfel im Kanzleramt Albig und McAllister betonen zwar ihr Interesse an einer besseren Abstimmung zwischen Bund und Ländern. Wie auch andere Bundesländer verfolgen sie aber sehr ambitionierte Ziele beim Ausbau erneuerbarer Energien. In der Summe gehen diese weit über die Pläne der Bundesregierung hinaus. Machen die Länder ernst, sprengen sie das System: Es wird Strom produziert, ohne dass die für den Abtransport nötigen Leitungen zur Verfügung stehen Auch andere Länder lassen keinen Kurswechsel erkennen. Thüringen halte an seinem Zielen fest, den Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung bis 2020 auf 45 Prozent zu steigern, sagte Landeswirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) dem „Handelsblatt“. Der Bund dagegen hat sich ein 35-Prozent-Ziel gesetzt, hält allenfalls eine Anpassung auf bis zu 40 Prozent für vertretbar Thüringen sieht bei der Energiewende erst einmal Berlin in der Pflicht: „Die Bundesregierung hat jetzt zunächst einmal ihre Hausaufgaben zu erledigen“, sagte Machnig. So müsse aus dem Netzentwicklungsplan rasch ein Bundesbedarfsplan mit Gesetzeskraft werden. Außerdem warte er auf den Verordnungsentwurf des Bundes, der die Übertragung der Planung länderübergreifender Trassen auf die Bundesnetzagentur regelt, sagte Machnig. Diese Verlagerung der Zuständigkeit von den Ländern auf die Agentur zählt zu den wichtigsten Voraussetzungen für die Beschleunigung des Netzausbaus. Doch die Länder müssen der Verordnung zustimmen. Machnig kritisiert außerdem, Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) sei es bislang nicht gelungen, ein klares Konzept für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vorzulegen. Ministerpräsident Albig wiederum sieht unkoordiniertes Vorgehen nicht in erster Linie bei den Ländern: Er erwarte, „dass der Bund am Freitag auf dem Energiegipfel bei der Kanzlerin ebenfalls eine nationale Strategie – und nicht zwei, drei oder vier je nach Haltung einzelner Ministerien – vorlegt“, sagte Albig.